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berliner szenenNackig im Supermarkt geht nicht

Wo sind denn die zwei Euro?“, fragt der Vater. „Gibst du sie mir bitte, wir sind gleich dran.“ Der Sohn streckt die Zunge raus, darauf das glänzende Zwei-Euro-Stück. Der Vater reibt es am T-Shirt trocken. Die Supermarktkassiererin, die noch die Waren der vorherigen Kundin über das Band piepst, hält inne. „Wie? Dit soll ikke denn gleich anfassen?“

Der Vater: „Ist sauberer als vorher, aber wer sagt denn, dass ich damit bezahlen werde?“ Die Kassiererin: „Außerdem ist der ja nackig.“ Sie meint den Sohn. „Das ist verboten.“ Vater und Sohn gucken sich halb schuldbewusst an. Vater: „Da habe ich wohl das Kleingedruckte nicht gelesen.“ Kassiererin: „Ich globe, Sie ham jar nichts jelesen.“

Der Vater überlegt kurz, wahrscheinlich, ob es sinnvoll ist, weiter juristisch zu argumentieren, entscheidet sich aber für einen Ebenenwechsel: „Aber wenn er nichts anziehen will? Er ist erst drei.“ Falls das Argument die Toleranzgrenze der Kassiererin verschieben sollte, ist es gescheitert: „Will nich? Wo jibt’s denn ditte? Nee, nackig ist echt verboten.“ Da meldet sich der Sohn: „Neiiiin!“, ruft er triumphal, als habe er gerade ein neues Supermarktgesetz implementiert. „Doch“, sagt die Kassiererin. Jetzt ist der Vater wieder dran: „Okay, dann muss ich dich jetzt rausschmeißen.“ Er nimmt den Sohn in den Fliegergriff, geht zur Supermarkttür und deutet einen Wurf nach draußen an. Die Türen öffnen sich schwungvoll. Die beiden kommen gut gelaunt zurück, der Vater zahlt mit einer anderen Münze, sie wünschen der Kassiererin einen schönen Tag. Als ich bezahle, überlege ich, ob ich die Kassiererin nach der Hausordnung fragen oder ihr den Gummiparagrafen § 118 „Belästigung der Allgemeinheit“ zur besseren Argumentation empfehlen soll. Aber das wäre ein weniger charmantes Ende.

Astrid Kaminski

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