piwik no script img

berliner szenenHier Berlin, alles okay, yes?

Berlin ist „amazing“, Sydney doof. Davon sind die zwei jungen Australier*innen überzeugt. Auch wenn heute ihr erster Tag ist und sie noch fast nichts von der Stadt gesehen haben, schwärmen sie von Berlins Nachtleben und beschweren sich weiter über Sydney. Die Clubs würden dort um 3 Uhr nachts schließen, nach 22 Uhr sei es unmöglich, Alkohol zu kaufen, man könne nirgendwo rauchen, klagen sie.

Ich war am Späti stehen geblieben, weil es so stark geregnet hatte, dass ich die hundert Meter bis zu mir nicht mehr laufen konnte, ohne pitschnass zu werden. Dann entscheide ich, ein kleines Bier zu trinken, und setze mich draußen unter die Markise. Am Anfang freue ich mich, mich mit den Australier*innen zu unterhalten, und finde es schön, dass „mein“ Späti der erste Späti ihres Leben ist.

Doch nach einer Weile bin ich des Smalltalks müde und höre nicht mehr richtig zu. In dem Moment rennt von der anderen Straßenseite ein Mann zu uns her­über. Er setzt sich zu den Australier*innen und nimmt dem Jungen das Feuerzeug aus der Hand, um sich eine Zigarre anzuzünden. Er fängt wild an, irgendwas zu erzählen. Sie gucken mich an und versuchen weiter zu lächeln, doch das Mädel tastet schon nach seinem Handy.

Aus dem Nichts fordert er uns auf, einen Flaschenöffner für ihn beim Späti gegenüber zurückzugeben. Als wir uns weigern, wird er aggressiv. „Habibi, was ist los?“, fragt ihn der Späti-Verkäufer. Wir atmen erleichtert aus, als er selbst über die Straße läuft, aber nach ein paar Minuten ist er zurück. Er wird lauter. „Hier Deutschland, Berlin, alles okay, yes?“, wiederholt er ohne Ende und versperrt uns den Weg. Der Späti-Verkäufer kommt und rettet uns wieder aus der Situation. „Amazing“, murmeln die Australier*innen noch, bevor sie nach Hause gehen. Luciana Ferrando

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen