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berliner szenenHipster schreibtauf Papier

Ich bin umgeben von Spiegeln, doch ich versuche ,mich nicht darin zu sehen. Ich wollte nur mein Versprechen halten, mindestens einmal die Woche auszugehen, egal ob mit oder ohne Begleitung. Deshalb trinke ich meinen Campari-Orange, als würde ich auf jemanden warten oder als hätte jemand gerade abgesagt, so was passiert ohnehin.

Das Handy dient als Schutz gegen Blicke, wenn man in Kneipen alleine sitzt. Ich schäme mich nicht, dort alleine zu hocken, doch ein bisschen dafür, das mit dem Handy auszunutzen. Ich traue mich nicht, auf mein Notizbuch wie immer zu schreiben, sondern schreibe auf das Display, damit meine Beobachter*innen das so interpretieren können, wie es ihnen am besten passt. „Auf Papier zu schreiben ist genauso ein Hipsterscheiß, wie Musik mit dem Walkman zu hören“, hatte mir neulich jemand gesagt.

Ich bin damit nicht einverstanden und trotzdem möchte ich heute Abend keine Aufmerksamkeit wecken. Mir ist es gerade lieber, in der Masse unsichtbar zu werden und mich ruhig umschauen zu können, als wäre ich eine Zimmerpflanze oder eine Spionin. Vor dem Glitzervorhang sitzt eine englischsprachige Gruppe, die immer wieder laut im Chor lacht. Drei junge Frauen ziehen abwechselnd an einer selbst gedrehten Zigarette. Zwei junge Männer küssen sich vor einem Fotoautomaten. Nur eine Person steht alleine da, an die Theke abgelehnt, doch sie nimmt ihre Augen nicht vom Handy weg, sodass kein Augenkontakt möglich ist. Ich trinke das Glas schnell aus, mein Drink schmeckt nach Saft, bei der Hitze fühlt es sich erfrischend an. Dann laufe ich ziellos die Weserstraße entlang und genieße die tropische Luftfeuchtigkeit vor dem Sturm und die Blitze, die ständig vor etwas warnen, das am Ende vielleicht nicht stattfindet.

Luciana Ferrando

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