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berliner szenenWie ein Skistiefel aus lila Plastik

Die Wohnung ist warm. Es riecht ein bisschen nach Urin. Der Kühlschrank ist nicht mehr so voll, und einige Sachen sind veraltet. Das rechte Bein mit dem nach außen gestellten Fuß ist auch ein bisschen am Verschimmeln. Es gibt wohl zwei Keime. Der eine ist nach einem Wochentag benannt und schimmert grünlich; ich kann ihn später aber im Netz nicht finden.

Die diabetischen Schuhe sehen aus wie Skistiefel aus den 80er Jahren. Damals war lila Hartplastik gerade erfunden worden. Heute trägt er zwei Brillen überein­ander. Die Ärztin sage, er müsse wohl in ein anderes Heim, hier könne er nicht die Betreuung kriegen, die er braucht. Seitdem er wieder trinkt, ist alles wieder schlechter geworden.

Seitdem ich auch krank bin, verstehen wir uns besser. Gut werden kann es eh nicht mehr. Besonders stören mich die Alkoholsorten Berliner Kindl und Rotkäppchen-Piccolo-Sekt, mit denen er anderes verbindet. Er soll sich möglichst wenig bewegen. Sein Rollstuhl war im Krankenhaus vor anderthalb Jahren verloren gegangen, und er hatte sich um einen anderen nicht gekümmert. Also schleppt er sich doch immer wieder zu Netto, weil er den Betreuer ja nicht beauftragen kann, ihm Bier oder Wein zu besorgen, stell ich mir vor.

Statt Schach zu spielen, reden wir über unsere Gefühle. Ich stelle mir zum Beispiel vor, dass Schalke absteigt, und finde das gerecht, während ihn die Vorstellung traurig macht. Im Hintergrund läuft die Bundesliga. Komisch, dass ihn Fußball immer noch interessiert. Vielleicht ist er ja doch schwul. Als ich eigentlich gehen will, mache ich doch noch zwei Fotos, auf denen er später ganz anders aussieht, fast wie eine Karikatur des Menschen, der er mal war. Über die Szenen, wo er mit drin ist, freut er sich aber immer sehr und ruft dann an, um sich zu bedanken. Detlef Kuhlbrodt

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