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berliner szenenVielleicht eine Ausgrabung

Ein Mann sitzt mit einem Stein in der U1. Er beguckt sich den Stein mit ernster Miene von allen Seiten, dreht ihn in seinen Händen, reibt ihn gegen seine Hose. Der Mann wirkt schlicht und ist mit sauberen Klamotten gekleidet. Doch seine Finger und seine Nägel sehen schmutzig aus, als hätte er graben müssen, um den Stein zu finden. Vielleicht ist es ein Fundstück und er ist ein Archäologe und kommt gerade von einer Ausgrabung zurück, vielleicht aber auch nicht.

Im gleichen Wagen liest eine Frau mit stolzem Gesichtsausdruck die B.Z. Ihr Gegenüber blättert eine junge Frau durch die Berliner Woche und schwingt einen Stift in der Luft, als müsste sie gerade Blattkritik machen. Viele schauen ins Handy, einige lesen Bücher. Eine blonde Frau nimmt die Hand ihres Kindes, das im Kinderwagen sitzt. Aus meiner Perspektive sehe ich nur die kleine Hand und bin überrascht: Sie ist nicht Babyrosa, sondern leuchtend orange wie ein Kürbis. Neben mir sitzt ein älteres Paar, das mit dem Baby und seiner Mutter sympathisiert. Die graue Jacke der Frau berührt meine schwarze Jacke und die Frau versucht, den Spalt zwischen unseren Jacken zu vergrößern. Doch die U-Bahn ist voll, rutschen kann sie nicht mehr. Ich zucke mit den Schultern. Sie lächelt mich an, als wäre nichts geschehen. Dann entdeckt sie eine Faser in ihrer Jacke und macht sich Sorgen, dass alles kaputtgeht, wenn sie daran zieht. Sie sagt ihrem Mann, „ich mache mir Sorgen“. Sie gehen zur Tür und geben sich hinter ihren Rücken „heimlich“ die Hand. Sie schauen sich dabei in die Augen. Beide tragen schwarze Lederhandschuhe.

Als sie ausgestiegen sind, suche ich den Mann mit dem Stein, auch er ist bereits verschwunden. Die B.Z.-Leserin ist noch mit der letzten Seite der Zeitung beschäftigt, das Kürbis-Baby fängt an zu weinen. Luciana Ferrando

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