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berliner szenenBitte alles anders und wie immer

Seit knapp vier Wochen ist das Kind Vegetarier. Ich hätte nicht gedacht, dass er das so lange durchhält, denn die letzten zehn Jahre hat er sich überwiegend von Salamibroten und Fischstäbchen ernährt. Das war immer eine sichere Bank: keine morgendlichen Diskussionen über das Schulbrot, kein abendliches Gemecker, wenn es schnell gehen musste. Salami und Fischstäbchen waren Konstanten in meinem Elternalltag. Und jetzt das.

Nicht, dass ich etwas gegen vegetarische Ernährung hätte. Im Gegenteil, ich esse selber kaum Fleisch. Das Problem ist nur: das Kind mag weder Gemüse, Pilze noch Obst und lehnt Milchprodukte grundsätzlich ab. Es ist kompliziert. Pünktlich zur Adventszeit wartet er mit einer weiteren Ernährungsänderung auf: er isst nichts Süßes mehr. Die Figur und so!

Damit wird es richtig schwierig. Denn der Zwölfjährige beharrt gleichzeitig auf der Einhaltung aller vorweihnachtlichen Traditionen, konkret: ein Adventskalender mit 24 kleinen Päckchen, ein Nikolaus-Stiefel und selbst gebackene Plätzchen. Alles wie immer also, nur ohne Schokolade und ohne bösen Industriezucker. Hier ist Kreativität gefragt, denn er würde es absolut nicht goutieren, Nüsse und Mandarinen in seinem Nikolaus-Stiefel vorzufinden.

Die ganz hohe Kunst wird aber das Weihnachtsessen: traditionell gibt es Hirschfilet mit Rotkohl, Pilzen und Kroketten. Das fällt jetzt aus, des Hirsches wegen. Denn auch mein Mann hat beschlossen, ab sofort auf Fleisch zu verzichten. Ich persönlich würde Weihnachten auch mit Kartoffelsalat glücklich, aber das Kind ist alarmiert: „Wie? Weihnachten ohne Hirsch?“ – „Aber du isst doch gar kein Fleisch mehr und Papa auch nicht“, versuche ich ihn zu beruhigen. „Aber Weihnachten soll alles sein wie immer. Mit Hirsch. Wir essen dann eben alle einfach nur die Beilagen.“ Gaby Coldewey

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