berliner szenen: Vier, fünf, sechs kleine Menschen
Ein Carlos-Ruiz-Zafón-Moment im Volkspark Friedrichshain. Mitten in der Nacht, die Laternen, die sonst die Wege erhellen, sind längst ausgeschaltet, auch von den Cafés oder vom Kino kommt kein Lichtstrahl mehr. Sichtweite selbst mit Handybeleuchtung nur wenige Meter. Dann plötzlich, rechts neben dem Weg: Menschen. Vier, fünf, sechs vielleicht, genau ist das in der Dunkelheit schwer zu erkennen, die alle in die gleiche Richtung schauen. Seltsam unbeweglich. Nächtliches Tai-Chi im Park? Unwahrscheinlich, wohl doch eher Skulpturen. Aber Moment, da ist doch jemand mit Hund. Also Menschen. Aber – sind die nicht eine Nuance kleiner, als es menschliche Wesen in der Entfernung wären? Doch Skulpturen? Aber war da nicht eine Bewegung?
Plötzlich fühlt sich der Volkspark Friedrichshain nicht mehr an wie der Volkspark Friedrichshain, sondern eher wie der Friedhof am Montjuïc im dunklen Barcelona der spanischen Franco-Diktatur, das Ruiz Zafón in seinen Romanen als Kulisse dient. Er würde jetzt vermutlich noch vergessene, aber erhaltene Katakomben im kleinen Bunkerberg dazudichten, eine Leiche, die niemand vermisst, und eine Skulptur, die zeitgleich mit dem Leichenfund verschwindet und die dem Toten seltsam ähnlich sah. Vielleicht noch ein Buch im Sockel dieser Skulptur, geschrieben, um das Geheimnis der Katakomben zu bewahren. Ein junger Held, der sich durch all das hindurchmanövriert, es wird sehr gruselig, vielleicht taucht der Teufel persönlich auf, die Grenzen zwischen Realität und Traum, zwischen Erleben und Erinnern verschwinden, und am Schluss geht alles in Flammen auf. Oder ziemlich viel.
Ein paar Tage später der Realitätscheck. Keine Menschen. Skulpturen. Auf dem Werkhof des Grünflächenamtes. Nicht Barcelona. Friedrichshain-Kreuzberg. Svenja Bergt
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