piwik no script img

berliner szenenIch wäre gern neben ihr gesessen

Obwohl wir zusammen unter einer Nummer online einchecken, werden wir vom System weitestmöglich auseinandergesetzt. Reihe 6 versus Reihe 29. Weil wir nicht fürs Zusammensitzen bezahlt haben, und genauso steht es auch auf der Bordkarte: „Andere Reihe“. So heißt nämlich die Kategorie, und wir können froh sein, dass man sie nicht „Arschloch“ nennt.

Ich hätte gedacht, dass man ohne Aufpreis eben keine Garantie auf Sitze nebeneinander bekommt. Dass sie nun sogar einen Aufwand für die Separierung betreiben wie ein Lehrer für seine Klassenkasper, ist mir neu. Ich wäre gerne neben ihr gesessen, aber wir sehen uns ja noch den ganzen Urlaub über. Nimm dies, Ryanair!

Spätestens hier wird die aufmerksame Leserin sich fragen: Na, was erwarten denn die zwei offenbar komplett entpolitisierten Orks, wenn sie mit dieser Kacklinie fliegen, die ihre Angestellten wie Dreck behandelt und die Fluggäste aus Gewohnheit ebenfalls? Gegen die selbst Easyjet ein Ausbund an Fürsorge ist? Das ist doch, als fräße einer ein unglückliches Schwein, ein Huhn aus Käfighaltung oder einen bis zu den Kiemen mit Antibiotika vollgestopften Billo-Lachs und beschwerte sich nun, dass er krank wird und stirbt.

Doch ich beschwere mich nicht, ich merke nur an. Natürlich. Man hofft eben, dass es für dieses eine Mal noch gut geht, und wenn nicht, hat man es auch nicht anders verdient. Es ist halt schwierig, da Ryanair Verbindungen wie diese oft exklusiv bedient. Umstiegsfrei ist sie sonst nicht zu haben, und auch das „Don’t ­complain – go by train“ ist keine machbare Option. Analog dazu gäbe es statt traurigem Schwein überhaupt nichts zu essen, doch das stimmt nicht ganz. Man kann auch eine Vogelbeere naschen, aka in den Harz fahren. Uli Hannemann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen