berliner szenen: Ruhig und geborgen im Boot
Am Anfang haben wir Angst, im Landwehrkanal zu versinken. Das Loch ist zwar repariert worden, aber niemand hat seitdem das Schlauchboot ausprobiert.
Wir sind zu dritt – es ist der Abschiedsabend einer Freundin – und passen mit unseren Rucksäcken kaum rein, das Boot kommt uns kleiner vor als gewohnt. „Und wenn wir es zu sehr aufgepumpt haben und es mitten im Dreiländereck platzt, wo das Ufer am weitesten weg ist?“, fragt die Freundin. –„Ihr müsst mich dann retten, ich kann nicht schwimmen“, sage ich. Wir gucken alle ins Wasser und sagen: „Igitt.“
Wir haben so oft abends die Ratten am Kanal gesehen. Und wenn eine ins Boot beißt?
Irgendwann schaffen wir es, die Sorgen zu vergessen und uns auf die Fahrt zu konzentrieren: Musik auf dem Handy wird gespielt, Bier aufgemacht, Käsesnacks werden genascht. Jede darf sich ein Lied wünschen. Eine darf ein ganzes Album laufen lassen (sie entscheidet sich für Nino Rota), weil sie die Einzige ist, die mit den Rudern etwas anfangen kann. Sie ist also die Kapitänin.
Es wird dunkel, und als wir unter der Brücke sind, merken wir, dass der Nachhall der Musik eine melancholische Note verleiht. Erstaunt sehen wir, wie Licht und Wasser hier ein 3-D-Kino ergeben.
Die Freundin ist als Nächstes dran mit der Musik und will (keine Ahnung, warum) Wagner hören. Ein bisschen zu viel, meinen wir, erfüllen aber ihren Wunsch, lehnen uns zurück und schauen uns das hypnotische Reflexionsspektakel an.
Wir lassen uns im Wasser treiben und fühlen uns in der Dunkelheit unter dem Sternenhimmel ruhig und geborgen. Plötzlich kommt aus dem Nichts ein Schiff. Einige Sekunden tun wie nichts. Dann schreien wir: „Ein Schiff!“, umarmen uns und beobachten, wie die Schiffsscheinwerfer immer näher kommen. Luciana Ferrando
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