berliner szenen: Die Ware, das Geld, der Plan
Es war immer noch heiß und früher Abend. Im Internet hatte ich mich über über kleine Schreibtischboxen informiert. Automatisch neigte ich dazu, mir diese von Bose kaufen zu wollen; gleichzeitig kam mir meine Neigung auch manipuliert vor. Mit dem Fahrrad fuhr ich zum Mediamarkt. Die kleinen Lautsprecher von Bose waren gleich am Eingang in Körben präsentiert. Man hatte das Gefühl, sie kaufen zu müssen, was aber auch dazu provozierte, sie gerade nicht kaufen zu wollen.
Mündige Kunden können warten. Absichtslos flanierte ich zwischen den Waren. Die Angst vor einem Fehlkauf war größer als die Lust auf ein neues Gerät. Das sollte sich ändern. Entschlossen ging ich zu einem Mitarbeiter. Routiniert kam er meiner übergriffigen Aufforderung nach, mich zum Kauf dieses Lautsprechers zu ermutigen.
Einer anderen Kundin ging es ähnlich. Wir waren neben den Bluetooth-Lautsprecher ins Gespräch gekommen. Hätten wir uns vielleicht besser vorbereiten sollen? Weil man dazu keine Lust gehabt hatte, landete man dann bei Bose. Obgleich die Boxen anderer Hersteller sicher auch nicht schlechter sind.
Ich nahm den Karton mit dem Lautsprecher, noch eine elektrische Zahnbürste für 69 Euro und stellte mich in die Kassenschlange. Erst da bemerkte ich, dass ich mein Portemonnaie zu Hause vergessen hatte, und fuhr wieder nach Hause. Am nächsten Vormittag – bestärkt in meinem Entschluss durch drei Empfehlungen von Facebook-Freunden – fuhr ich zur Mall of Berlin, packte den Karton mit dem Lautsprecher, nahm diesmal eine elektrische Zahnbürste für 49 Euro. Zu Hause fehlte leider der Stecker des Geräts, und ich musste noch einmal hinfahren. Am Abend unterhielt ich mich mit Facebook-Freunden über Bluetooth-Lautsprecher.
Detlef Kuhlbrodt
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