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berliner szenenKuschelig wie ein Schaf

Aufpassen!“, sage ich einer Freundin, als sie mir erzählt, dass der Mann, mit dem sie die Nacht verbrachte, Argentinier ist. Wäre ich nicht selber aus Argentinien, würde ich solche Witze auch nicht machen. Aber dennoch guckt sie mich zu Recht komisch an. Musiker sei er auch noch. „Oh mein Gott!“, scherze ich weiter.

Doch, dass er direkt zu ihr gegangen sei und sie geküsst habe, ohne zuerst zu erzählen, dass sie die allerschönsten Augen dieser Welt habe, sei schon ungewöhnlich, gebe ich zu. Eigentlich war ich genervt, weil wir verabredet waren, und sie kam nicht. Als ich jedoch erfuhr, warum sie nicht einmal meine Nachrichten beantwortet hatte, konnte ich nicht länger böse auf sie sein. „Und wie sah er aus?“, frage ich. „Kuschelig wie ein Schaf“, sagt sie.

Die Konversation findet in der Weserstraße, vor dem Wolf Kino, statt. Wir gucken uns gleich „Überleben in Neukölln“ von Rosa von Praunheim an, die Hommage des Regisseurs an unseren Bezirk. In einer Szene hört man Stimmen aus dem Off, und ich erkenne den argentinischen Akzent. Dann sieht man eine Band, die auf der Straße, wahrscheinlich beim Festival „48 Stunden Neukölln“, spielt. Die Freundin fängt an zu kichern, richtet sich auf ihrem Sitz auf und sagt: „Da ist der.“ – „Wer?“ – „Na, der Typ von gestern.“ – „Das kann doch nicht sein!“

Wenn man aber sieht, wie rot sie geworden ist, glaubt man es ihr. Wir können nicht aufhören zu lachen und spüren, wie es den anderen ZuschauerInnen langsam unangenehm wird. Oder vielleicht fragen sie sich auch nur, was an vier Straßenmusikern, die Musik machen, so lustig sein sollte. Da wir im Kinosaal nicht richtig plaudern können, zeige ich ihr mit dem Daumen, dass ich den Argentinier doch sympathisch finde. Was ich ihr nicht sage: In meinem Film im Kopf war er als Schaf viel schöner. Luciana Ferrando

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