berliner szenen : Tausend Socken
Josef Hack hat ein Anliegen. Weil er sich Sorgen über die hohe Zahl der Erwerbslosen in Deutschland macht, hat der Bonner Medien- und Aktionskünstler einen „Arme-Socken-Teppich“ geknüpft. Dafür haben ihm tausende Erwerbslose aus ganz Deutschland ihre Socken gespendet.
Das Projekt geht auf seine Zusammenarbeit mit der Arbeitsloseninitiative „Arbeit für Zukunft“ aus dem letzten Jahr zurück, als Hack die Socken bei einer Performance imaginären Arbeitgebervertretern aufgetischt hatte.
Hack liebt solche Auftritte: Vor fünf Jahren wurde das Ozonloch von ihm als „globale Skulptur“ im Internet thematisiert; und schon 1991 war Hack als künstlerischer Berater beim Bundesministerium für Forschung und Technologie damit beschäftigt, einen Künstlerwettbewerb zur Magnetschwebebahn auszurichten, um eine „Entfremdung zwischen Kultur und Technik gar nicht erst entstehen zu lassen“. So sah es damals der zuständige Minister Riesenhuber.
Jetzt also ein Teppich aus Socken. Als Kunst im öffentlichen Raum. Für den Reichstag. Schließlich will auch Hans Haacke mit seiner Erdskulptur „Der Bevölkerung“ Kunst und Politik wieder näher zusammenbringen. Trotzdem hat Wolfgang Thierse die Idee von Hack nicht gefallen, der dem Bundestagspräsidenten den Teppich als Dauerleihgabe zur Verfügung stellen wollte. Für Kunst aus Socken gibt es „keine Ausstellungsflächen“, steht in seinem Ablehnungsbrief. Darüber ist Hack enttäuscht: „Kunst, die wirklich an die Substanz geht und aktuelle Probleme anpackt, ist unerwünscht“. Muss man jetzt darüber streiten, ob die alten Socken arbeitsloser Menschen den Parlamentariern beim Regieren an die Substanz gehen? Lieber nicht. Andererseits wird Hack von der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft Deutschlands unterstützt. Vielleicht kann der Teppich ja in der neuen CDU-Parteizentrale am Tiergarten ausgelegt werden. Dort kommen Henkel, Hundt & Co. ohnehin viel häufiger vorbei. hf
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