berliner szenen: Spaß mit dem Pari-Boy
Modernes Inhalieren
Kennen Sie den Pari-Boy? Nein? Dann nehmen Sie dies: Was Oma noch mit dem Handtuch überm Kopf über der dampfenden Schüssel zu kurieren verstand, erledigt heute ein röhrendes Maschinchen. Dieses pustet Wasserdampf mittels eines saugnapfähnlichen Mundstücks in die Lungenbläschen. Einem kaum Einjährigen kann man leider den Nutzen des grünen fauchenden Ungeheuers nicht klar machen, doch es hilft alles nichts. Andreas hält Arme und Beine fest, ich klemme den Kopf des Kleinen unter meine Arme und versuche mit großem Druck, das Mundstück in der unteren Gesichtshälfte zu positionieren. Dabei singe ich lautstark die zehn Kinderlieder, die ich ansatzweise noch kann. Nach zwei Wochen beherrsche ich perfekt den Polizeigriff. Und mein Repertoire an Kinderliedern hat sich verdoppelt.
Moritz dagegen zeigt lebhaftes Interesse an technischen Dingen. Gern stürzt er sich unvermittelt von Mamas Schoß, um den dampfspeienden Drachen ein- und auszuschalten. Jeden Abend verlangt er lautstark nach „Halieren“ und bringt mir die Flasche mit der isotonen Kochsalzlösung gleich mit. Mit den Worten „will Dschungelbuch gucken“ drückt er uns die Fernbedienung in die Hand und setzt sich vergnügt auf die Bettkante. Husten ist eine langwierige Sache. Anfangs haben wir uns noch gestritten, wer die Küche aufräumt und wer inhalieren darf. Wie in der Werbung: „Schatz, gib mir den Autoschlüssel, ich fahre heute.“ – „Nein, ich fahre, du kannst trinken.“ Das war schön. Doch nach zwei Wochen finde ich Ka und das Dschungelleben nicht mehr so witzig. Die Lösung heißt „Bernhard und Bianca, die Mäusepolizei“. Trotzdem hoffe ich inständigst, dass Moritz bald gesund wird. ELKE ECKERT
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