berliner szenen: Hundefutter
Alles für die Katz’
Eilig greife ich nach Tasche und Schlüssel, bevor ich am Morgen die Wohnung verlasse. Beim Öffnen der Wohnungstür schreckt in letzter Zeit manchmal eine Katze auf und springt von dem Fußabtritt aus Stroh, der vor der Schwelle liegt. Das graue, räudige Tier lebt seit ein paar Wochen im Treppenhaus. Seit es draußen kalt und feucht geworden ist, kommt es immer öfter bis in die oberen Stockwerke, um sich zu wärmen. Es ist mir mittlerweile ziemlich lästig geworden, ständig ihren kränklichen Augen zu begegnen. Nein, Katze, ich will Dich nicht in meiner Wohnung. Schleich Dich. Sofort. Am Anfang hatte es durchaus noch seinen poetischen Charme, dem streunenden Tier ein paar Reste aus meinem Kühlschrank hinzustellen. Aber seit einer Weile bleibt der Teller merkwürdigerweise stets unberührt. Als ob mir das dumme Ding ein schlechtes Gewissen machen will. Weiter unten im Hausflur höre ich nun Türenklappern und Schritte. Beim Hinuntergehen sehe ich die Frau aus dem Hochparterre, die gerade ihr Wohnungstür bis auf einen Spalt hinter sich zuzieht. Dahinter kläfft frech ihr kleiner Hund. Mit belegter Stimme antwortet sie meinem knappen Gruß. Wir schauen uns nicht an. Manchmal sehe ich sie auf dem Platz unseres Viertels auf einer Bank sitzen, mit einem Bier in der Hand, in der Gesellschaft all der anderer Alkis. Weniger als ihr Gesicht kenne ich den penetrant stechenden Geruch, den sie immer im Treppenhaus hinterläßt. Fast habe ich den untersten Treppenabsatz erreicht, da sehe ich im Augenwinkel noch, wie sie eine Plastikschale mit Hundefutter auf den Boden stellt. Prompt kommt die Katze schnurrend angelaufen und schmiegt sich in ihre aufgehaltene Hand. Der kleine freche Hund knurrt böse hinter der Tür. ILKA SCHARRSCHMIDT
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