berliner szenen: Wie eine Bürste
Schwarzes Hausschwein
In meiner Hausburgstraße ist nie viel los. Bis auf einen Scherenschleifer und den Schlecker gibt es weiter keine Läden. Passanten laufen auch kaum vorbei und so sieht man eigentlich immer nur dieselben, die Bewohner der Straße eben, von denen viele Hunde haben. Dementsprechend ist die Hausburgstraße eine der zugekacktesten Straßen Friedrichshains. Dafür ist sie nur auf der einen Seite bebaut. Ich gucke von meinem Balkon auf das fast leere und ziemlich trostlose Gelände des ehemaligen Schlachthofes, dahinter die Skyline von Lichtenberg. Seit ein paar Wochen sind zwei Wohnblöcke gegenüber auf dem Schlachthof fast fertig. „Wohnen im Hausburgviertel“, wirbt seit kurzem eine Tafel. Deshalb gucken sich am Wochenende viele Menschen die nicht gerade schönen Wohnsilos an. Sie kommen mit Kind und Kegel. Und mit Hund. Denn die Vierbeiner haben auf dem Gelände viel Platz zum Toben. Nur zum Kacken laufen sie bestimmt immer extra vor zum Gehweg. Letzten Sonntag spazierte ein Paar in ungewöhnlicher tierischer Begleitung um die neuen Blöcke. Ein Rottweiler sprang ohne Leine hin und her, denn an der führte Frau ein kleines schwarzes Schweinchen aus. Es watschelte ziemlich langsam, so dass von einem Spaziergang im eigentlichen Sinne keine Rede sein konnte. Es war eher ein Schleichen oder Schlurfen. Die Sau ließ sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Mit der Leine zerren brachte nichts. Und der Hund konnte vor dem Tier auf und ab hüpfen, solange er wollte, das Schwein scherte sich nicht darum. Ein Kind fragte, ob es das Borstenvieh mal streicheln dürfe. Fasst sich ja wie eine Bürste an, wunderte sich der kleine Forscher und bekam dann aber keine Antwort auf die Frage, wohin das kleine Hausschwein denn eigentlich immer zum Kacken geht.
ANDREAS HERGETH
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