: berliner szenen Die drei ??? im SO 36
Pulp in Pappattrappen
Wer nie eine eigene Detektivgruppe mit Namen „Die vier !!!! – Wir übernehmen jeden Fall im Raum Fisselhövede“ oder „Der schwarze Fuß“ gegründet hat, der kann einem nur Leid tun.
Denn der musste vermutlich ohne Justus, Bob und Peter, vielleicht sogar ganz ohne Hörspielkassetten und -platten durch die Kindheit taumeln. Eine schlimme Vorstellung. Was aus den anderen wird, konnte man Donnerstag im SO 36 sehen: Die Halle voller begeisterter Anfangzwanziger in Partybierjoint-Laune, auf der Bühne das „Vollplaybacktheater“ mit einem Doppelpack: Alfred Hitchcocks „Die drei ???“ versus Edgar Wallaces „Das Gasthaus an der Themse“.
Bei der Vollplaybackshow interpretiert eine Gruppe Spaßvögel in charmanten Pappkulissen vor einer Doppel-Diaprojektion (und mit mehr Einfällen als ein Ferkel blinzelt) eines der Abenteuer der spießigen Fragezeichen-Jungs: Der ewig mapfende Klugscheißer Justus (mit der unwiderstehlichen Originalstimme Oliver Rohrbecks) wird entführt, seine beiden trotteligen Sidekicks müssen ihn retten. Gleichzeitig schiebt sich der Inspektor aus dem Wallace-Abenteuer (Horst Franks gruseliger Bass) ins Bild, so dass gemeinsam eine trashige Hörspielparodie entsteht, die dem Original völlig gerecht wird. In Ang-Lee-Manier fliegt eine Kugel in Zeitlupe (an einem sichtbaren Stab geführt) dem angedickten Justus ins Gesicht, zwischendurch lippensynchronisiert Justus’ Tante Schlager („Das bisschen Haushalt …“), und die Pause wird mit „24“-Sound und -Bildtafeln eingeläutet. Außerdem haben sich die beiden Chefs aus „Pulp Fiction“ in die Show verirrt, und man wundert sich, wie gut die zusammengeschnittenen Dialoge (Tarantino und Hitchcock) passen. Echtes Crime kennt eben keine Grenzen. JENNI ZYLKA