: berliner szenen An der Kasse
Hipsterdumpfos
Ich sitze des Öfteren bei Veranstaltungen an der Kasse. Das habe ich in vielen Städten getan. Berlinerinnen und Berliner aber sind die schlimmsten Gäste, die man an der Kasse erdulden muss. Nicht alle. Doch öfter als in den anderen Städten hält man mich hier ganz offensichtlich für blöd.
Ich rede nicht von den kleinen Lügnern, die behaupten, sie müssten auf der Gästeliste stehen. Sie sind zumeist schauspielerisch wenig begabt und man sieht, wie sehr sie sich anstrengen, gleich fürchterlich empört zu sein. Auch jene meine ich nicht, die genervt Journalistenausweise vorzeigen und offensichtlich annehmen, man glaube ihnen, dass sie über jede kleine Tanzveranstaltung schreiben. Ein schlichtes „Nein“ lässt sie stets kleinlaut in ihren Portmonees wühlen. Sie versuchen es mit einem Trick, das ist okay.
Es gibt in Mitte jedoch eine Spezies, die ich „Hipsterdumpfo“ nenne. Das sind jene zumeist schwer Gestylten, die sich entweder mit Divenblick an der Schlange vorbeidrücken oder aber kurz den Kassentisch betrachten, um dann einfach um ihn herumgehen zu wollen. Wieder andere drehen sich bereits in der Tür um, sagen nach hinten: „Es kostet 5“, und versuchen dann, nach kurzer Beratschlagung mit ihren Freunden, doch einen Bogen um die Kasse. Die, die man mit einer knappen Geste aufhält, sagen – auch ihre Darstellung überzeugt nicht – mit spitzer Stimme: „Ach, es kostet etwas?“
Wir begegnen diesen Menschen, wie man jungen Hunden begegnet – freundlich, aber streng. Und prompt werden die Eben-noch-Diven ganz lieb. Sie wühlen in ihren Taschen nach Geld, den Blick gesenkt. Manche haben es sogar gleich passend in der Hand. Und wir, die wir hinter dem Kassentisch sitzen, verzeihen ihnen. JÖRG SUNDERMEIER
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