: berliner szenen Also sang Popette
Schönheit ohne Jahre
Die Kalkscheune ist ein vielseitiger Ort. Mal feiern schöne Frauen Diven-Attack, dann drängen sich Tangopaare in mehr oder minder zarter Umarmung auf der engen Tanzfläche. Bisweilen gibt es Kleinkunst. Dann tragen die Tische dunkelroten Samt. Dunkelrot ist auch der E-Bass, mit dem Popette Betancor in ihrem neuen Programm das Ensemble aus Schlagzeug und Orgel erweitert. So ein E-Bass, kann man denken, ist ja ein unglaublich hübsches Instrument. Formschön. Farblich flexibel. Immenses optisches Potential wohnt ihm inne, wie auch der himmelblauen E-Gitarre, die neben ihm auf der Bühne steht. „Betancor, die Popette“ nun beweist mühelos, dass man einen E-Bass auch dann mit Würde halten kann, wenn die Basslinie nur einen Ganztonschritt umfasst.
Dafür aber singt Popette ganz bezaubernd. Sie lässt Welten entstehen irgendwo zwischen Halluzinationen und ihren „hispanischen Wurzeln“, zwischen polierten Goldfischen und der Schönheit, die keine Jahre kennt. Nur will sich das so genannte Premierenpublikum nicht recht entführen lassen. Man bleibt an der Schwelle stehen, zögernd, als habe man beschlossen, heute Abend an den Tischen mit dem roten Samt ausschließlich mit dem Körper anwesend zu sein. Dabei tut so ein vegegatives Übermaß „der Atmo“ gar nicht gut. Das weiß auch Popette in dem Lied über den Gastgeber mit der schlaffen Hand, in dessen Küche die Gäste zwanglos angespannt zusammenkommen. Dort entfaltet sich hysterischer Spaß in dem Moment, als im Kollektiv Bierflaschen mit Feuerzeugen geöffnet werden müssen. Auch in Kalkscheune sind es die spitzen Lacher, die schließlich auch zum übrigen Publikum überlaufen. „Launisch und seltsam sind Gottes Zicken.“ So sagt jedenfalls Popette. KATRIN KRUSE
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