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berliner haben gewähltSPD entscheidet sich – später

Die Berliner haben gewählt, und die Siegerin heißt SPD. Nur welche Parteien mit ihr Berlin in den nächsten fünf Jahren regieren sollen, ist immer noch nicht klar. Wer immer am Ende entscheiden wird, ob eine Ampelkoalition oder ein rot-rotes Bündnis geschlossen wird – die Wähler sind von dieser Entscheidung jedenfalls ausgeschlossen.

Kommentarvon ROBIN ALEXANDER

Keine politische Richtungsentscheidung per Stimmzettel also: Das hatte sich schon im Wahlkampf angekündigt. Wer heute im politischen Wettbewerb siegen will, versucht vor allem eins: ja kein Profil zeigen. Und Kontroversen vermeiden.

Tarnen statt überzeugen, so kann man diese Strategie zusammenfassen. Am Ende gibt es eine Equipe freiwillig gleichgeschalteter Kandidaten, von denen der gewinnt, dessen Bild sich über die Medien am besten transportiert. Das hat sich diesmal für die SPD mit ihrem smarten Klaus Wowereit als Glücksfall erwiesen und als Fluch für die CDU. Das nächste Mal kann es genau andersherum ausgehen.

In dieser Logik ergibt es Sinn, dass die Sozialdemokraten noch am Wahlabend jede Aussage darüber verweigern, mit wem sie koalieren wollen. Wahlsieger Wowereit nennt das „Optionen haben“. Auch das weist über Berlin hinaus. Der Begriff ist dem Wortschatz Gerhard Schröders entlehnt, der sich mit den erstarkenden Liberalen und den konstant starken Ostsozialisten auch im Bund Machtreserven für den Fall sichern will, dass die Grünen endgültig schlapp machen.

In Berlin ist die Verlockung für die SPD jetzt groß, mit der FDP eine weiteres Schiffchen zum grünen Beiboot hinzuzuholen und ohne großen Gegenwind weiterzusegeln. Liegt ihr aber an der gesellschaftlichen Entwicklung in dieser Stadt und im Bund, muss sie mit der PDS zusammengehen. In diesem kleinbürgerlichen Verein sieht sich – ob man es nun wahrhaben will oder nicht – eben doch eine Mehrheit der Menschen repräsentiert, die in der DDR aufwuchsen. Weit mehr übrigens, als tatsächlich PDS wählen. Im Sommer waren die Sozialdemokraten schon einmal soweit: Der PDS-Strukturkonservativismus, die partielle PDS-Geschichtsvergessenheit, die PDS-Ordnungsfixiertheit – alles schien verziehen. Unverzeihlich dagegen selbst für Bündnisse auf Landesebene soll seit dem 11. September die verschwommen vorgetragene PDS-Skepsis gegen Kriegseinsätze sein. Dabei müsste das ein Argument für Rot-Rot sein: Auch damit repräsentiert die PDS einen großen Teil der Menschen, nicht nur in Berlin.

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