berliner blase: Immer mitder Ruhe
die berlin-parlamentskolumne
von Anja Maier
Meine Güte, ist das ruhig in Berlin. Über die Wiese zwischen Kanzleramt und Hauptbahnhof hoppeln vertrauensselige Hasen. Kein Wunder, es ist Ostern – da hat die Bundestagsverwaltung den Parlamentariern eine schön lange sitzungsfreie Zeit (also known as Osterferien) beschert. Vom 3. bis zum 21. April rührt sich nix im Parlament, wenn man Glück hat, geht in den Abgeordnetenbüros die Stallwache ans Telefon. Aber wer rechnet schon mit Anrufen? Die Politiker sind im Urlaub, die Journalisten sind im Urlaub, die BürgerInnen sowieso.
Aber halt. Etwas rührt sich doch. Am Montag haben die Parteigremien getagt. Bei dieser Gelegenheit hat die CDU-Führung Generalsekretär Peter Tauber ganz nebenbei die Arbeit am Wahlprogramm abgenommen, um sie in die übervollen Hände von Kanzleramtsminister Peter Altmaier zu legen. General Tauber muss sich jetzt um Bürgerbehelligung (aka Haustürwahlkampf) kümmern. Der andere Peter schraubt derweil zusammen mit der Chefin an den Inhalten.
Neu-CDUler, die wegen der Reformverheißungen des jungen Generalsekretärs in die Partei eingetreten waren, lernen: Wenn es schwierig wird (aka Martin Schulz), übernehmen die Alten das Ruder. Ihr Neuen (aka Junge, Frauen, Zuwanderer) habt euren Spaß gehabt, jetzt läuft wieder alles so, wie wir das seit 72 Jahren handhaben.
Ebenfalls in die vorösterliche Nebensaison verlegt wurde der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Am Mittwochmorgen haben den die extra nach Berlin eingeschwebten Kabinettsmitglieder verabschiedet. Arbeitsministerin Andrea Nahles kam nicht drum herum, hochoffiziell zu erklären, dass 40 Prozent der Beschäftigten heute weniger Geld in der Tasche haben als Mitte der neunziger Jahre. Das muss man sich mal vorstellen: Vier von zehn Angestellten in diesem Land sind ärmer als vor 20 Jahren. Die Neunziger, war das nicht das Jahrzehnt, in dem der Osten wirtschaftlich komplett krachen ging?
Die Hoffnung, keiner würde so genau hingucken, hat sich nicht erfüllt. Das ist nämlich zugleich Segen und Fluch der sitzungsfreien Wochen: Die paar Journalisten, die noch da sind, hungern nach News. Die Unions-Fraktion hat versucht, diesen Hunger auf ihre Weise zu stillen. Ihr sozialpolitischer Sprecher gab zum Armutsbericht eine Pressemitteilung heraus. Überschrift: „Deutschland ist ein Land der Chancen“. Tja, so kann man das sehen. Vorausgesetzt, man hat überhaupt die Chance auf Osterurlaub.
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