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Archiv-Artikel

bahncard Sieg der Kunden über die Manager

„Die alte Bahncard wird es nicht wieder geben.“ Vor gerade einmal sechs Wochen hat Bahnchef Hartmut Mehdorn dieses Verdikt gesprochen – und Unrecht behalten. Die alte fünfzigprozentige Ermäßigung auf alle Fahrten wird, so wie es aussieht, in wenigen Wochen eine Renaissance erleben. Wie konnte es dazu kommen? Die Verbraucherverbände klopfen sich an die Brust und behaupten, die Reform der Bahnpreisreform sei ihr Sieg. Die Opposition will es schon immer gewusst haben, und Schröder-Freund Mehdorn sei eine ganz schlappe Nummer. Recht hat keiner von ihnen.

Kommentar von KLAUS HILLENBRAND

Denn die Reform der Bahnreform ist in Wahrheit ausschließlich ein Sieg der Kundschaft. Deren Lobbyverbände hatten zur Einführung des Preissystems keineswegs Großalarm geschlagen. Sie haben differenziert geurteilt. Der gemeine Bahnfahrer aber ist ihnen nicht gefolgt – sondern ins Auto gestiegen.

Kein Unternehmen revidiert gerne die eigenen Pläne. Wenn die Kunden aber trotz genialer Absichten der Unternehmensführung und der schönsten Werbung massenhaft wegbleiben, nützen auch die schönsten Systempreise nichts mehr. Wenn diese Entwicklung so weiterginge wie in den letzten Monaten, käme nicht nur die Jahresplanung der Bahn ins Rutschen, auch die geplante Börsennotierung geriete noch weiter in Gefahr. Denn wer will sich bei einem Unternehmen einkaufen, das in seinem früher lukrativsten Geschäftszweig, dem Personenfernverkehr, nur rote Zahlen einfährt?

Mehdorn reagiert, weil er reagieren muss. Die alte Bahncard kehrt zurück – nur teurer. Vom neuen Preissystem mag der Bahnchef aber dennoch nicht Abschied nehmen. Deshalb stehen uns möglicherweise bald herrliche Zeiten bevor. Künftig darf der Kunde zwischen zwei verschiedenen Bahncards mit unterschiedlichen Rabatten plus dreifach differenziertem Frühbuchersystem auswählen, aber ohne Guten-Abend-Ticket, dafür mit Schönes-Wochenende-Fahrkarte. Diese Verquickung von altem und neuem Preissystem birgt die Gefahr, dass gar keiner mehr durchblickt. Oder dürfen wenigstens die Vielfahrer die neue gegen die alte Karte tauschen, und alle sind glücklich und zufrieden?

Sollte die Reform der Reform schief gehen, trifft das nicht nur die rückkehrwilligen Bahnkunden. Dann dürfte auch der Bahnchef selbst nicht mehr zu halten sein. Mehdorn spielt auf Risiko – und seine Kunden entscheiden über seine Zukunft.