autos durchs tor?: Keine Frage der Einheit
Der Streit um das Brandenburger Tor ist nicht eben neu. Im Grund streiten sich die üblichen Verdächtigen – hier die Umweltaktivisten der Grünen, da die Autofreunde bei Liberalen und Union – seit dem Mauerfall, ob Autos durchs Tor fahren dürfen oder nicht.
Kommentar von STEFAN ALBERTI
Hin und her wogt dieser Streit. Offen war das Tor kurz nach der Wende, dicht bis 1998, danach vier Jahre lang geöffnet, seit Mai wegen Bauarbeiten am Pariser Platz gesperrt. Jetzt nimmt die Geschichte vielleicht wieder eine Wende, wenn das Brandenburger Tor trotz früherer anders lautender Ankündigungen doch dicht bleibt oder nur kurz öffnet. Interessant daran ist aber vor allem der Zeitpunkt.
Ausgerechnet kurz vor dem Tag der Deutschen Einheit soll sich nach Ankündigung der Strieder-Verwaltung die Frage entscheiden. Das Datum ist deshalb von Bedeutung, weil es den Gegnern der Sperrung von Union und Liberalen in die Hand spielt. Sie haben die Frage des Torverhältnisses bereits auf eine Metaebene gehoben. Geschlossenes Tor gleich geteilte Stadt, meint CDUler Volker Liepelt, nur Durchfahrt durchs Tor strahle Offenheit aus, verkündet Erik Schmidt von der FDP. Das soll gut klingen, ist aber bestenfalls eine neue Verpackung für alte Autolobbyforderungen und hat etwas von Missbrauch eines Symbols.
Die Frage des Zusammenwachsens einer Stadt und eines Landes lässt sich nicht daran festmachen, ob Autos durchs Brandenburger Tor fahren dürfen. Dass bei CDU und FDP etwas anderes zu hören ist, zeigt, dass für Autofreunde die deutscheste aller Fragen noch unbeantwortet ist: Wann gibt es freie Fahrt für freie Bürger?
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