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Archiv-Artikel

aus dem leben eines kuchenkritikers Die Rückkehr der Roland-Schnitte

Von fis

„Gewöhnungsbedürftig“, zischelte es zwischen teigfusselig malträtierten Lippen hervor. Wenn unser Knuddel-Jubel-Lulatsch-Bürgermeister Henning Scherf in aller Öffentlichkeit mal so verkniffen reagiert, muss ihm schon ordentlich was auf den Magen geschlagen sein. In diesem Fall der Prä-Prototyp einer Roland-Schnitte.

Unser Vorkoster musste sich nach dem Erstkontakt mit dem Back-Event gar in stationäre Behandlung begeben – mit Hustenanfällen (Grund: staubtrockener Krümelteig), Cholesterinschock (Grund: brutal überzuckerter Buttercreme-Füllung) und zerstörtem Zahnschmelz (Grund: Betonschoko-Hülle).

Die Bäckerinnung lehnte sofort jedwede Verantwortung für das Gebäckdesaster ab. Die Konditorinnung schob die Schuld einem Alleingang ihres Mitglieds Rudolf Dövener zu. Der sagt, er habe nur auf eine Anfrage der Bremen Marketing GmbH reagiert, über Nacht ein rolandiges Schmankerl zum 600. Geburtstag unseres Freiheitsreckens anzubringen. Dövener war schnell klar: „Das wird kein Artikel.“ Die Produktion wurde sofort wieder eingestellt. Von den 50 handgefertigten Schnitten lagern die letzten zwei im Schaufenster des Dövener’schen Schnoor-Cafés.

Trotzdem wird an der Idee festgehalten, Roland für die Konditoren und diese für das Roland-Fest werben zu lassen. In Brainstorming-Sitzungen mit seinen 16 Bremer Kollegen entwickelte Dövener jetzt eine „verbesserte“ Roland-Schnitte. Damit strebt der Tortenmeister gar ins Unermessliche. Die neue Version soll, 14 Etagen hoch, zum Geburtstagskuchen gestapelt werden. 1.000 Stücke davon möchte man am 13. Juni auf dem Marktplatz für einen guten Zweck verkaufen.

Wir schickten erneut unseren Spezial-Agenten hinaus in die Welt der Konditoren, um die Süßwarenkunst vor weiterer Frevelei zu schützen. Die Bereitschaft war da, sich ganzkörperlich auch dem neuen Prototyp der Roland-Schnitte auszusetzen. Und? Unser Mann kam nicht nur lebend von seiner Mission zurück – er lächelte sogar wohlig zufrieden.

Und er sprach: „Mir wurde eine lockere Sandkuchenmasse mit Orangeat und Schokosplittern serviert, eingehüllt in einen eleganten Marzipanmantel, geschmückt mit einem Papierfitzelchen, das den Computerausdruck eines Rolandbildes zeigt.“ O.k., so fuhr er fort, das Papier klumpe etwas unangenehm im Mund. Ansonsten überrasche die überarbeitete Roland-Schnitte mit angenehm dezenter Süße und einem harmonischen Zusammenspiel diverser Aromen. „Äußerst lecker“, tönt es zwischen den marzipanös geküssten Lippen hervor. fis