auf du und du mit steuersätzen: Geschenke für Konzerne und Aktionäre
STEUERPARADIES DEUTSCHLAND
Kanzler Gerhard Schröder (SPD) will mit der Steuerreform seine Wirtschaft entlasten. Das tut jedoch nicht Not, denn im internationalen Vergleich gilt die Bundesrepublik schon jetzt als Steuerparadies für Konzerne. Auf den ersten Blick erscheinen die Steuersätze relativ üppig. So müssen hier zu Lande noch 45 Prozent des Gewinns an den Staat gezahlt werden, während etwa in den USA oder der Schweiz die Körperschaftsteuersätze bei rund 40 beziehungsweise 30 Prozent liegt.
Aber solche Zahlen spiegeln bestenfalls die halbe Wahrheit wider. Die effektive Steuerlast hängt von weiteren Faktoren ab. So können in Deutschland kräftig Abschreibungen auf Maschinen und PCs genutzt und stille Reserven gebildet werden. Selbst Topkonzerne wie Siemens oder Daimler müssen darum in manchem Geschäftsjahr wenig oder gar nichts ans Finanzamt überweisen. Im Ergebnis, so eine Studie, die dem US-Senat vorgelegt wurde, ist die steuerliche Belastung für inländische sowie für ausländische Investitionen in Deutschland unter den führenden Industriestaaten am niedrigsten. Die effektive Steuerlast für Konzerne hier zu Lande liegt sogar deutlich unter der in den USA.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die Europäische Kommission. Mit einer Quote von 41,6 Prozent (Steuern plus Sozialabgaben) liegt danach die Bundesrepublik klar unter dem europäischen Durchschnitt von 43,2 – erst Platz zehn in der EU-Steuerrangliste. Teure Spitzenreiter sind die skandinavischen Länder, die Beneluxstaaten und Frankreich.
Auch Anleger freuen sich über den zahnlosen Fiskus. Im vergangenen Jahr legte der Deutsche Aktienindex (Dax) um gut 38 Prozent zu, der Marktwert aller inländischen Aktien beträgt über zwei Billionen Mark. Den Fiskus lässt dies kalt. So überraschte die Bundesregierung selbst die hiesige Geldbranche, als sie kürzlich ihre Pläne vorstellte, Dividenden und Kursgewinne steuerlich weiter zu entlasten. Finanzminister Hans Eichel (SPD) überlegt, ab dem Jahr 2001 die Steuerlast auf Spekulationsgewinne zu halbieren. Schon heute sind jedoch Gewinne aus Aktienverkäufen nach einer einjährigen Spekulationsfrist gänzlich steuerfrei.
Andere Ländern scheuen sich nicht, ihre Spekulanten zur Kasse zu bitten. So werden in den USA Kursgewinne kräftiger abgeschöpft. Bei einem Verkauf von Aktien und Wertpapieren innerhalb eines Jahres gilt der normale Einkommensteuersatz (bis 40 Prozent). Danach wird – anders als hier zu Lande – ein Steuersatz von 28 bzw. 20 Prozent erhoben. Auch in Japan, Frankreich oder Großbritannien wird selbst langfristiger Aktienbesitz besteuert.
Die Berliner Bundeskasse hätte 1999 zusätzlich etwa 120 Milliarden Mark kassieren können, wenn Schröder und Eichel sich am amerikanischen oder britischen Modell orientieren würden. HERMANNUS PFEIFFER
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