arbeitslosigkeit: Berlin ist weit abgeschlagen
Vergleicht man die Arbeitslosenzahlen Berlins mit denen anderer europäischer Hauptstädte (siehe Seite 18), fällt auf, dass Berlin von ehemals strukturschwachen Regionen Europas überholt wurde. Das betrifft sowohl das einstige westeuropäische Armenhaus mit Griechenland, Portugal und Irland als auch die osteuropäischen Metropolen. Einzig die alten Industriestädte- und Einwandererstädte bewegen sich im zweistelligen Bereich – wenn auch deutlich niedriger als Berlin.
Kommentar von UWE RADA
Nun kann man diese Zahlen natürlich in verschiedene Richtungen interpretieren. Warum sollte es in Berlin ein Jobwunder geben, wenn in Deutschland die Arbeitslosigkeit gerade die Viermillionenmarke überschritten hat. Und im Alleingang kann Berlin keinen Billiglohnsektor einführen und den Kündigungsschutz abschaffen, wenn es das denn überhaupt wollte.
Gleichwohl steht Berlin als trauriges Beispiel da für eine Industriestadt, die den Sprung ins postindustrielle Zeitalter nicht geschafft hat. Die Hauptstadt ist damit endgültig im Osten der Republik angekommen. Auch dort hat man die industriellen Kerne abgebaut und wundert sich jetzt, dass man Forschungsergebnisse alleine nicht verkaufen kann.
Ist Berlin damit eine europäische Armutsmetropole? Natürlich ist der Lebensstandard hier höher als in osteuropäischen Städten. Doch es ist auch die fehlende Perspektive, die arm machen kann – an Dynamik. Letztere, so scheint es, gibt es in Berlin nur in der Schattenwirtschaft, dem einzigen boomenden Wirtschaftszweig der Hauptstadt.
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