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Archiv-Artikel

anonymus, preisträger der rinke stiftung Der sorgende Sohn

Anonymus, über 50, Autor, erhält den Sprachpreis der Rinke Stiftung und kann zur Verleihung nicht erscheinen.

Er ist über 50, männlich, und er hat ein Buch geschrieben, das sehr gut sein muss. Das findet jedenfalls die Hamburger Guntram und Irene Rinke Stiftung, die das Buch des über 50-Jährigen mit ihrem mit 10.000 Euro dotierten Sprachpreis auszeichnet. Den Preis kann der Autor allerdings nicht öffentlich entgegennehmen, weil er anonym bleiben will. Kein Name, keine Bilder. „Das ist so bitter“, sagt Heidi Borhau, Sprecherin vom S. Fischer Verlag. Es sei der erste Preis, den der über 50-Jährige gewinnt, der sonst als Journalist arbeitet. „Den Ruhm dafür kann er sich nun nicht auf seine Fahnen schreiben.“ Er habe sich aber trotzdem sehr gefreut.

Der Autor will anonym bleiben, weil sein Buch „Wohin mit Vater? – Ein Sohn verzweifelt am Pflegesystem“ seine persönliche Odyssee durch die deutsche Pflegeheim-Landschaft beschreibt. Die Odyssee endet mit einem Schritt in die Illegalität: Er engagiert eine polnische, nicht gemeldete Pflegekraft. Denn die bezahlbaren, aber seiner Meinung nach unwürdigen „Wartesäle für den Tod“ will er seinem Vater nicht zumuten und die humanen Heime kann er nicht finanzieren. Als einzige Lösung sieht er eine Pflegekraft, die schwarzarbeitet. „Ich hatte nicht das Gefühl, ich tue hier Unrecht, ich hatte nur das Gefühl, ich tue etwas Illegales. Das ist ein Unterschied“, sagte er in einem konspirativen Interview dem Hessischen Rundfunk.

Bisher sei er wegen seiner illegalen Lösung der Frage „Wohin mit Vater?“ noch nicht rechtlich verfolgt worden, sagt Borhau. Und das solle auch so bleiben, deshalb könne sie leider auch keine Angaben zu seiner Person herausgeben. Aber als Mensch? Sie hat ihn doch kennen gelernt. Wie ist er als Mensch? „Sehr sensibel, nachdenklich und höflich. Ein Mensch, mit dem ich gerne mal ein Bier trinken würde.“ Ein 68er sei er, aber kein ideologischer. Aus dieser Zeit habe er besonders ein Moment mit in die Gegenwart genommen: Das Recht auf Selbstbestimmung.

Er stamme aus Süddeutschland, es habe ihn aber durch ganz Deutschland getrieben, nun lebe er in Berlin. Geschichte habe er studiert und eine Frau habe er auch. Von Kindern wisse man nichts. Elisabeth Weydt