angezählt: Dämmerung der Moderne im zentralen Park
Ausdrücklich gegen den „Abrisswahn“ wendet sich eine jetzt im Internet angeschobene Petition. Wer Hamburg kennt, hat keine Schwierigkeiten, die Wortwahl angemessen zu finden: Cityhöfe und Deutschlandhaus sind frisch abgeräumt, das blaue Riesenspielzeug von einer Fußgängerbrücke am Cremon hochgradig gefährdet – und was an weniger prominenter Stelle so alles passieren mag, darüber möchte man lieber nicht so genau nachdenken.
Durchaus prominent gelegen ist, worum sich die Unterschriftensammlung dreht: das „Café Seeterrassen“ in Planten un Blomen. „Häh?“, mag sich manche*r fragen: „Ist das nicht dieser Eventschuppen, bei dem ich ein paar Mal vor verschlossenen Türen stand, als ich dringend eines Getränks bedurft hätte?“ Ja, das kann sein. Fürs normale Publikum war der Laden von Mai bis Oktober zugänglich, täglich von 10 bis 18 Uhr – wer mehr wollte, musste schon eine Tagung abhalten oder gleich seine Hochzeit feiern. Aber all das war einmal: Der Pachtvertrag, ohnehin zum Jahresende auslaufend, ist laut Medienberichten bereits aufgelöst.
Damit sind wir beim nicht ganz unwahrscheinlichen weiteren Gang der Dinge: Die als überfällig ventilierte Sanierung, ahnen wir, lässt sich problemlos als unrentabel hässlichrechnen. Der Bezirk hat sich längst für einen Neubau entschieden. Es braucht keine ausgeprägte Fantasie, um sich auszumalen, was etwa die Messe sich vorstellt unter einem „Neubau mit einer zeitgemäßen gastronomischen Nutzung“. Von allerlei Begehrlichkeiten, Stücke abzubeißen vom zentralen Park, hatte schon vor Jahren der Denkmalverein zu berichten gewusst.
Hinter der Petition steht Claas Gefroi, vielen bekannt als Sprecher der hiesigen Architektenkammer, der hier aber ausdrücklich als Privatperson agiert. Ein „Schmuckstück der Moderne“ drohe da verloren zu gehen, 1953 errichtet nach Entwürfen Ferdinand Strebs, immerhin ja ein Schüler des großen Modernisten le Corbusier. Auch ersetzte der nun dem Abriss zugedachte Pavillon nicht zuletzt ästhetisch die pseudoniederdeutsche „Bauernschenke“, die dort seit 1935 stand. Wenn es nach Gefroi geht, wird statt abzureißen saniert und wiedereröffnet. Aber wer die Stadt kennt, der sucht für kommende Getränke wohl andere Tresen auf. Alexander Diehl
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