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american pieDer Profi-Hoyzer

Kommentar von Thomas Winkler

Ein Basketball-Schiedsrichter, der im Geschäft mit der Wettmafia gestanden haben soll, beschert der NBA einen Manipulationsskandal.

Tim Donaghy: Gegen ihn ermittelt jetzt das FBI Bild: dpa

A ls der Bundesliga-Bestechungsskandal vor zwei Jahren die Republik erschütterte, meldeten sich Stimmen zu Wort, die glaubten, das Problem sei mit Profischiedsrichtern in den Griff zu bekommen. Hätte Robert Hoyzer, so die Theorie, nur genug verdient, wäre er nicht angewiesen gewesen auf einen von der kroatischen Wettmafia finanzierten Plasma-Fernseher.

Ein Blick nach Amerika aber zeigt: Festanstellung schützt nicht vor Bestechlichkeit. Auch die NBA hat nun ihren Robert Hoyzer. Er heißt Tim Donaghy und soll Spiele verpfiffen haben. Das FBI und die Staatsanwaltschaft ermitteln gegen den Schiedsrichter, der seit 13 Jahren NBA-Partien leitet. Der 40-Jährige soll jahrelang selbst auf Sport gewettet haben, dadurch in finanzielle Probleme geraten sein und im Dezember 2006 begonnen haben, den Ausgang einzelner Spiele zu beeinflussen. Donaghy soll Verbindungen zum organisierten Verbrechen gepflegt haben.

NBA-Schiedsrichtern aber ist das Wetten auf Sportereignisse aller Art ausdrücklich verboten. Donaghy hat nun gekündigt und sich in seinem Haus in Florida verbarrikadiert. Zwei anonyme Morddrohungen sollen schon bei ihm eingegangen sein. Weder er noch sein Anwalt haben die Vorwürfe bislang kommentiert.

Fröhlich blühen derweil die Spekulationen. Zwar weiß noch niemand genau, ob Donaghy wirklich Spiele verschoben hat, aber festzustehen scheint zumindest, dass er selbst ein Spielsuchtproblem hatte. Das allein, so lässt sich ein anderer, anonym bleiben wollender Schiedsrichter zitieren, ist schon "eine Stange Dynamit": "Damit werden wir uns Jahre herumschlagen müssen. Jetzt wachen alle Verschwörungstheoretiker auf. Das ist unser schlimmster Albtraum." Der Referee glaubt nicht, dass noch mehr seiner Kollegen in Manipulationen verwickelt sein könnten: "Aber wenn Sie mich vor ein paar Wochen gefragt hätten, ob so etwas wie mit Donaghy passieren kann, dann hätte ich auch gesagt: nicht in einer Million Jahren." Ein NBA-Trainer, der ebenfalls ungenannt bleiben wollte, sagte: "Auch wenn er tatsächlich ein Einzeltäter ist, wird sich doch jeder Zuschauer nun nach jedem Spiel fragen, ob alles mit rechten Dingen zugegangen ist."

William C. Rhoden, Kolumnist der New York Times, wundert sich derweil, dass die NBA zwar detaillierte Vorschriften erlässt, die sogar Zivilbekleidungsvorschriften für Spieler beinhalten, aber offensichtlich bei der Auswahl ihrer Referees wenig Sorgfalt walten lässt. So soll schon länger bekannt sein, dass Donaghy wettet und mit Buchmachern verkehrt. Auch abseits des Basketball-Courts war Donaghy nicht immer ein Musterknabe: Gegen ihn ist ein Verfahren anhängig, weil er seine ehemaligen Nachbarn in Pennsylvania verfolgt und terrorisiert haben soll. Unter anderem soll er den Traktor des Ehepaars in Brand gesetzt, ihren Golfwagen eine Schlucht hinabgestürzt und die Frau verfolgt haben.

Auch als Schiedsrichter ist Donaghy bereits aufgefallen. So stand er mit seiner Leistung im Zentrum des letzten großen NBA-Skandals. Er war einer der drei Schiedsrichter, die im November 2004 das Spiel zwischen den Detroit Pistons und Indiana Pacers pfiffen, das in einer handgreiflichen Auseinandersetzung zwischen Spielern und Publikum endete. Für die NBA, die ohnehin schon mit ihrem schlechtem Image zu kämpfen hat, weil immer wieder Spieler wegen sexueller Übergriffe, Waffen- oder Drogenbesitz auffällig werden, wuchs sich die Massenschlägerei zu einem wahren Publicity-Desaster aus. Eine Manipulationsaffäre aber könnte selbst das noch in den Schatten stellen.

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