american pie: Orlandos NBA-Klub will Grant Hill und Tim Duncan
Bei den Magic wird geklotzt
The quartet practiced in the park
Die Los Angeles Lakers hatten es selbst nach dem Titelgewinn in der Basketball-Liga NBA immer noch nicht verwunden, dass nicht ihr Phil Jackson, sondern Orlandos Doc Rivers von den Journalisten zum besten Trainer der Saison gewählt worden war. Als „wahrer Coach des Jahres“ wurde Jackson von Center Shaquille O’Neal in dessen Siegesrede gefeiert.
In der Tat mutet es ein wenig merkwürdig an, den begehrten Titel einem Mann zu verleihen, dessen Team es nicht mal in die Play-offs geschafft hatte. Die Medienvertreter waren jedoch offenbar der Meinung, dass es keine Kunst ist, mit einem O’Neal, einem Kobe Bryant und ein paar anderen Stars von Erfolg zu Erfolg zu eilen, wohl aber, mit einer Mannschaft von Nobodys in 82 Saisonspielen eine 41:41-Bilanz zustande zu bringen.
Möglicherweise wurde jedoch nicht nur die Trainerleistung des früheren NBA-Profis Rivers gewürdigt, sondern auch die mutige, auf langfristigen Erfolg angelegte Klubpolitik. Nach dem Abgang von Shaq nach Los Angeles 1996 hatten sich die Perspektiven des Finalverlierers von 1995 (gegen Houston) immer trüber gestaltet. Also setzten Rivers und Generalmanager John Gabriel zum großen Schnitt an. Stars wie Penny Hardaway, Horace Grant, Nick Anderson oder Ike Austin wurden weg geschickt, ein Team aus vormaligen Ersatzspielern bestritt die Saison.
Diese Strategie trägt jetzt Früchte, denn sie diente einzig und allein dazu, Platz unter der von der NBA verfügten Obergrenze für die Spielergehälter (salary cap) zu schaffen. Beim Draft in der vergangenen Woche wurde noch mal zugelegt. Drei gute Erstrundenpicks hatten die Magic aufgrund ihrer weitsichtigen Transferpolitik, behalten wurde jedoch nur Mike Miller, der begabte Forward von der Florida University, gegen Michigan unterlegener Finalist der letzten College-Meisterschaft. Die anderen beiden gewählten Spieler wurden gegen künftige Erstrundenpicks abgegeben, ebenso wie aus dem alten Kader Derek Strong und Corey Maggette. Durch die so gesparten Gehälter ist Orlando nun als einziges Team der NBA in der Lage, zwei Superstars Sechsjahresverträge über 67 Millionen Dollar, das Liga-Maximum, anzubieten. Die Zeit der Rollenspieler ist vorbei, jetzt wir geklotzt.
Kaum hatte am letzten Samstag die Periode für Vertragsverhandlungen begonnen, hingen Rivers und Gabriel schon am Telefon, um ihre Wunschkandidaten zu kontaktieren. Die beiden Favoriten weilten schon am Wochenende in Florida: Grant Hill aus Detroit und Tim Duncan aus San Antonio. Unter anderem mit einer Rundfahrt zum edlen Seen-Wohnviertel Isleworth und einer VIP-Tour durch Disney World wurden die Superstars hofiert, Rivers legt aber Wert darauf, dass „wir ihnen nicht nur Orlando verkauft haben, was leicht ist, sondern auch, wer wir sind“. Ein künftiger Titelaspirant nämlich.
Zumindest im Fall Hill scheint die Sache erfolgreich gewesen zu sein. Der 27-Jährige bleibt mit seiner Frau ein paar Tage länger in Orlando, um ein Haus zu suchen. Obwohl Grant Hill mit dem Manager der Detroit Pistons, Joe Dumars, eng befreundet ist, wird er den Norden wohl verlassen. Die Aussichten für die Pistons in den nächsten Jahren sind durchwachsen, Orlando mit seinem Neuaufbau und insgesamt neun Erstrundenpicks in den Drafts der nächsten vier Jahre bietet ihm eine weit bessere Chance, die ersehnte Meisterschaft zu gewinnen. Ähnliches gilt auch für Tim Duncan, der mit den San Antonio Spurs im letzten Jahr allerdings schon mal Champion war. Zwar könnten ihm die Spurs etwas mehr zahlen, aber das Team ist alt und ein erneuter Titel in naher Zukunft unwahrscheinlich. Zudem ist Duncan ein guter Freund von Hill, was das Magic-Management optimistisch stimmt.
Doch auch wenn es mit dem 24-Jährigen, der als Center oder Forward einsetzbar ist, nicht klappt, bleiben genug Optionen für die Krösusse aus Florida. Tracy McGrady (Toronto), Eddie Jones (Charlotte), Brian Grant (Portland) und Jalen Rose (Indiana) stehen ebenfalls ganz oben auf der Einkaufsliste. Klar scheint jedenfalls, dass die Orlando Magic die Play-offs in den nächsten Jahren wohl kaum noch mal verpassen werden und dass Doc Rivers möglicherweise nicht zum letzten Mal zum Coach des Jahres gewählt worden ist. MATTI LIESKE
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