american pie: Georgetown will endlich wieder March Madness
Sehnsucht nach dem Wahnsinn
And as the planes climbed high into the night
College-Basketball erscheint derzeit vielen Beobachtern und Fans in den USA als Gegenentwurf zur NBA. Während die Profiliga nicht müde wird, das Spiel mit Tand, Glitter und Halligalli zuzumüllen – und obendrein die Spielkultur unter dem Zwang des Spektakulären leidet –, wird auf den Colleges vergleichsweise puristischer Sport ohne Ballyhoo geboten. Nicht die Anzahl der Slam Dunks ist hier von Bedeutung. Was zählt, sind die Grundlagen des Basketballs. Die Trainer legen Wert auf eine solide Ausbildung und die Schiedsrichter pfeifen streng nach Regelwerk.
Die Mannschaft der Georgetown University ist bekannt dafür, Talente zu schmieden. Allen Iverson, der am Wochenende beim All-Star Game als wertvollster Akteur geehrt wurde, spielte hier. Auch Patrick Ewing, Dikembe Mutombo und Alonzo Mourning waren Absolventen der renommierten Schule, die ob ihrer juristischen Fakultät gerühmt wird. Georgetown bemüht sich, die Basketballer nicht mal eben so durch die Prüfungen zu bringen, sondern verlangt gute Noten. Mourning berichtet immer noch mit Stolz, dass er sich nach ernüchterndem Beginn auf einen Notendurchschnitt von 3,4 hochgearbeitet hat. „Was du hier oben hast“, sagt er und tippt sich an die Stirn, „kann dir keiner mehr nehmen.“
Nicht immer korrespondieren akademischer Ruf und sportliche Qualität. Im Gegenteil: Universitäten wie Harvard oder Yale unterliegen fast der Verpflichtung, im schnöden physischen Spiel zu versagen, da sie natürlich weit mehr zu bieten haben als nur eine Basketballschule, worin wiederum der Ruf der Seton Hall University oder der University of Wyoming besteht. Zudem ist der Begriff Universität bei diesen Bildungseinrichtungen meist euphemistisch zu verstehen. Von den Top-Lehrstätten bietet nur noch Stanford Spitzenbasketball. Die Uni war bis vor kurzem auf der Jagd nach dem Rekord von Indiana aus der Spielzeit 1975/76 mit 32 Siegen in Folge, dann wurde der 22:0-Run mit einer Niederlage gestoppt.
Auch Georgetown startete viel versprechend. 16 Spiele ohne Verlustpunkte verhießen eine große Saison. Doch zuletzt kassierten die Studenten aus Washington fünf Niederlagen in acht Spielen, zuletzt am Montag nach blamabler Leistung mit nur 27-prozentiger Trefferquote ein 56:59 gegen den Erzrivalen Villanova. Die Bilanz lautet nun 19:5, was freilich immer noch zu Rang 18 reicht. Das ist eine Platzierung, die kaum jemand erwartet hätte. Denn seit 1997 verpassten die Schützlinge von Coach Craig Esherick stets das große Finalturnier „March Madness“ der NCAA, der nationalen Vereinigung der College-Sportler. Diese Schande, im März nicht mit 63 anderen Teams verrückt spielen zu dürfen, soll nun endlich getilgt werden. Der letzte NCAA-Titel liegt immerhin schon 17 Jahre zurück.
Reuben Boumtje Boumtje, Georgetowns Center im letzten College-Jahr, wird immer dann mit der verkorksten Vorsaison konfrontiert, wenn er im McDonough Gym pinkeln geht. Über den Urinalen hat Trainer Esherick das Banner vom Turnier der Verlierer aufgehangen. „Wir müssen diese Schmach vergessen machen“, sagt Boumtje Boumtje, der gute Chancen hat, demnächst in der NBA aufzulaufen. Eine rosige Zukunft wird auch Mike Sweetney angedichtet. „Ich kann mich nicht erinnern, dass wir jemals einen Freshman hatten, der so konstant gespielt hat, vielleicht Alonzo Mourning“, sagt Esherick über seinen neuen Forward.
Früher hieß die Mannschaft aus Georgetown „The Stonewalls“, was auf die grauen Steinmauern der Campusbauten zurückgeht. Ein schlauer Lateiner rief dann irgendwann „Hoya Saxa“ – und geboren war der Beiname „The Hoyas“. Die Prognose von Sports Illustrated, die die Hoyas vor Beginn der Saison auf Platz 19 einstufte, scheint sich nun zu bewahrheiten. Aber auch wenn Georgetown im März wieder frühzeitig scheitern sollte, eines ist ihnen gewiss nicht zu nehmen: Sie haben so viele gute Spieler in die NBA entlassen wie kein anderes College. MARKUS VÖLKER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen