american pie: Yankees lassen New York feiern
Rudi war auch da
In diesen Tagen ist Rudolph Giuliani niemals weit entfernt, wenn es in New York etwas zu feiern gilt. So war der New Yorker Bürgermeister auch erster Gratulant, als die Yankees am Montag zum 38. Mal eine World Series erreichten. Arm in Arm mit Yankee-Manager Joe Torre betrat er das Spielfeld, während 56.370 Zuschauer das Stadion in der Bronx zum Wackeln brachten. Anschließend wurde niemand müde zu betonen, was der neuerliche Erfolg der Yankees für Stadt, Land und Bevölkerung bedeute. Selbst der unterlegene Gegner konnte sich dem nicht verschließen. „Es war seltsam genug, aber während des Spiels musste ich daran denken, wie sehr diese Stadt gelitten hat, und ich habe mich für sie wirklich gefreut“, sagte Mariners-Manager Lou Piniella, „das ist schon ein seltsamer Gedanke für einen Manager, dessen Team gerade ganz fürchterlich versohlt wird.“
Die Seattle Mariners hatten dem Titelverteidiger den 12:3-Erfolg arg leicht gemacht. Die Yankees konnten die Serie überraschend deutlich mit 4:1 Siegen für sich entscheiden und treten nun am Samstag in Arizona bei den Diamondbacks zum ersten von maximal sieben Final-Spielen an. Nun soll auch der vierte Titel in Folge her. Das wurde zuletzt vor 37 Jahren geschafft – natürlich auch von den Yankees. „Sie gewinnen. Ganz egal wie“, stellte resigniert Mark McLemore von den unterlegenen Mariners fest, „sie gewinnen einfach“.
Tatsächlich kam die Wiederauferstehung der Yankees recht unerwartet. Vor den Play-offs schon war das Team von den Experten als zu alt und wenig athletisch eingeschätzt worden, und dann verlor man gegen die blutjungen Oakland A’s auch noch die ersten beiden Spiele zu Hause. Mit dem Rücken zur Wand aber kam die große Erfahrung der Mannschaft zum Tragen. Während die A’s Angst vorm Gewinnen entwickelten, nervös wurden und so wie die Mariners nach ihnen unerklärliche Schnitzer produzierten, spielen die Yankees soliden, fehlerlosen Baseball, sobald die Play-offs beginnen. Deshalb, so Joe Torre, sind diese Yankees „das beste Team, das ich je hatte“. Weil sie New York einen Grund zum Jubeln geben – und nicht zuletzt weil man nun mit den Seattle Mariners auch noch die beste Mannschaft der regulären Saison geschlagen hat.
Deren 116 Siege bedeuteten die Einstellung des Rekords der Chicago Cubs aus dem Jahr 1906. Aber wie Chicago vor 95 Jahren schafften es auch die Mariners nicht, ihre Form in den Play-offs zu konservieren. Die Cubs verloren damals die World Series 2:4 gegen die Chicago White Sox, die Mariners nun wie schon im letzten Jahr im Halbfinale gegen die scheinbar unschlagbaren Yankees. Manch einer aber wollte es nicht wahr haben. „Wir haben zwar verloren“, glaubt Auswechsel-Pitcher Norm Charlton, „aber ich glaube immer noch, dass wir das bessere Team sind. Es gibt kein besseres Baseball-Team als uns.“ Mit dieser Meinung aber blieb Charlton recht allein. „Die 116 Siege bedeuten heute gar nichts mehr“, sagte Pitcher Aaron Sele, der das fünfte und letzte Spiel gegen New York verlor, „es ist egal, ob du 85 Spiele gewinnt, um die Play-offs zu erreichen, oder 185. Wichtig ist, wie man aufhört.“
Nun beginnt in der Öffentlichkeit die Diskussion, ob die Mariners trotz ihres Versagens in die Baseball-Geschichte eingehen werden. Die Meinungen sind geteilt. Sicher ist nur der Blick in die Vergangenheit: Die Chicago Cubs von 1906 sind nicht vergessen. Ihre Double-Play-Kombination aus Joe Tinker, Johnny Evers und Frank Chance wurde gar in Gedichten verewigt. Allerdings hielten sich die Cubs dafür 1907 und 1908 schadlos und gewannen die World Series. Sollte den Mariners in den kommenden Jahren Ähnliches gelingen, werden sie den diesjährigen Reinfall vielleicht besser verkraften.
THOMAS WINKLER
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