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Archiv-Artikel

abbas sammelt punkte Buhlen um den Wertungsrichter

Die „Hudna“, der Waffenstillstand der palästinensischen Widerstandsgruppen, trägt zarte Früchte. Durch sie wurde möglich, dass in Washington nach über zweijähriger Pause wieder ein roter Teppich für einen palästinensischen Regierungschef liegt. Vielleicht hat die Hudna auch die Minister in Jerusalem gnädig gestimmt, als sie der Entlassung von immerhin einhundert militanten palästinensischen Häftlingen zustimmten.

Kommentar von SUSANNE KNAUL

Dass die Israelis zumindest diesen ersten Schritt tun, war mehr als überfällig. Schließlich hatte der palästinensische Premierminister Mahmut Abbas alias Abu Mazen mit der Hudna schon vor einem Monat fast alle Forderungen des Gegners erfüllt. Für ihn gilt es nun, seinen eigenen Leuten eine Rechtfertigung für diesen Vorschuss zu liefern. Abbas’ Erfolg in den Vereinigten Staaten, wo sich Präsident George W. Bush in einigen Punkten überraschend deutlich auf die palästinensische Seite schlug, gehört dazu. Auf Dauer jedoch wird dies Abbas nicht seinen Posten garantieren können.

Nichts geht ohne die USA – das zeigt der Zeitpunkt des Regierungsbeschlusses über die bedingte Amnestie nur wenige Stunden vor Abreise des israelischen Premierministers nach Washington. Die von Ariel Scharon erklärte Einsicht, dass der Frieden die einzige Rettung für die von Intifada, von Militärmaßnahmen, von ausbleibendem Tourismus und von mangelnden Investitionen gebeutelten israelische Wirtschaft ist, reicht für klare Konzessionen an die Palästinenser offensichtlich nicht aus. Und das, obschon der Waffenstillstand bereits jetzt erkennbare positive Konsequenzen für den Umsatz der Einkaufszentren und Straßencafés in Tel Aviv hat. Und ungeachtet der ständigen Gefahr eines Rücktritts von Abu Mazen, ohne den eine Fortsetzung des Friedensplans derzeit kaum denkbar ist.

In Washington geben also beide Premierminister klein bei und ringen um die Sympathie des mächtigen George. Scharon, der seit Bushs Regierungsübernahme exklusives Besuchsrecht im Weißen Haus genoss, muss zuschauen, wie sein palästinensischer Gegenspieler beim Wertungsrichter Punkte sammelt. Er sollte das mit Gelassenheit tun, denn nur ein unvoreingenommener Vermittler kann auf Dauer Erfolg haben. Zumal auch die Palästinenser das Comeback ihres Regierungschefs auf die internationale Bühne verfolgen. Und das ihre tun werden, um Abu Mazen dort möglichst lange verweilen zu lassen.

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