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Archiv-Artikel

a última verdade Drittelfinals

DAS WORT AUS DEUTSCHLAND: Zwei Tage Leere. Was nur tun? Geh doch mal wieder ins Kino, hatte jemand gesagt

War das nicht herrlich gestern Abend? Fußball! Selbst Fehlpässe haben wir bejubelt, jede noch so freudehemmende Rückgabe, und alle deutschliche Grobmototorik auch bei portugiesischen und niederländischen Artisten souverän hingenommen. Endlich war wieder EM.

Leicht waren die beiden Tage davor nicht, wahrlich nicht. Wir hatten lange vorher gewusst, beim Auswendiglernen des Spielplans, dass das große Nichts kommen würden. Die Lähmung. Aber man bereitet sich nie vor. 16 Abende am Stück waren weggeguckt, dazu alle geschätzten 377,5 Stunden Vor- und Nachberichte mit unseren Lieblingen Waldi, Bodi, Kerni, Simoni, Rethyi. Und dann zwei Tage kein Ruud, kein Rudi sowieso, nicht mal ein Tommy-Rowdy. Und auch kein wundervoller Beckham, nach dessen Elfmetertritt bis heim ins Königreich (Motto: „Football’s coming home“) uns Uli Hoenessens Belgrad-Experiment von 1976 im Nachhinein als Flachschuss erscheint, der fast noch druntergegangen wäre.

Zwei Tage Leere. Was nur tun? Geh doch mal wieder ins Kino, hatte jemand gesagt. Kino? – was war das noch mal? So was wie Großbild-EM, aber mit künstlichen Filmen statt echtem Fußball. Oder Oper, ein schmachtvoller Verdi vielleicht! Ach, hatten wir doch bei den italienischen Momenten im Regen von Guimaraes. Apropos Wasser: Deine Pflanzen könnten mal wieder gegossen werden, mahnt wer! Dieses Stroh hieß mal Blumen? Wie wär’s mit selbst sporteln? Quatsch, das ist gegen das Uefa-Reglement, wir sind doch ausgeschieden. Mal wieder die Sozialkontakte intensivieren! Wieso?, die Fußballkumpels hab ich doch jeden Tag gesehen. Nein, andere Leute! Welche anderen?

Das TV-Methadon war mäßig. Auf Sat1 lief Montag der Krimi SK Kölsch – wo es sicher darum ging, dass unser Poldi-Prinz beim FC-Trainingsbeginn gleich mitmachen wollte als Vorbereitung für die WM 2006, aber Trainer Huub Stevens (Holländer!) ihn in Zwangsurlaub geschickt hat. 3Sat reportierte aus Albanien – weltfremder Unsinn, die waren doch gar nicht dabei. Der HR brachte „Herrchen gesucht“ – ein verwegener Titel für die Völler-Nachfolge. Arte dokumentierte „Die sanften Hände“. Wohl die von Ricardo, dem barhändigen Portugiesen? Das ZDF wiederholte immerhin das Schweden-Viertelfinale unter dem Titel „Mord in der Mittsommernacht“. Eine Reportage über den Ballkahn-Krieg wäre ok gewesen – man will ja politisch auf dem Laufenden bleiben. Was macht eigentlich unser Bundeskanzler, der Herr Kohl?

Freund Oliver hatte zwischendurch kurz die Rollos hochgezogen („Gibt es noch Wetter?“), seine Familie fürsorglicherweise in der Abstellkammer besucht, die halbe Tonne Altglas weggebracht und allein mit den Pizzakartons der Hinrunde den heimischen Altpapiercontainer verstopft. Dienstag hätte ich „Sex and the City“ gucken können. City, weiß ich doch, heißt Stadt – wie bei Manchester City (wo Hollands Paul Bosveld wirkt). Aber was war noch mal das andere?

Bis 2008 sollten unbedingt Drittelfinals eingeführt werden als eine Art UI-Cup für Nationalelfen. Aber was machen wir morgen Abend? BERND MÜLLENDER