Zyklon tobte durch Bangladesch: Über tausend Tote - und viele vermisst
Samstag Morgen schon über 1.000 Leichen gezählt. Doch viele zerstörte Dörfer sind noch unzugänglich und 3.000 Fischer werden vermisst. Der Sturm fegte mit Tempo 250 über die Küste.
DHAKA dpa Der verheerende Zyklon "Sidr" in Bangladesch hat viele Menschen in den Tod gerissen. Bis zum Samstag Morgen seien über 1.000 Leichen gezählt worden, teilte die Katastrophenschutzbehörde in der Hauptstadt Dhaka mit. Die Zahl der Todesopfer ist aber noch größer, da viele zerstörte Dörfer von der Außenwelt abgeschnitten sind.
Nach Angaben der Agentur PTI aus dem Nachbarland Indien vom Freitag würden außerdem rund 3.000 Fischer vermisst: Hunderte von Booten waren in dem schwersten Sturm seit Jahren in der Region in Seenot geraten. "Sidr" erreichte Windgeschwindigkeiten von bis zu 250 Stundenkilometern.
An der Küste im Süden entwurzelte der Zyklon tausende Bäume, deckte Dächer ab und knickte Strommasten um. Meterhohe Wellen brandeten an die Küste. Etliche Stroh- und Lehmhütten wurden niedergedrückt, Felder und Fischfarmen zerstört. Viele Menschen wurden obdachlos.
Am schwersten betroffen ist der Distrikt Patuakhali an der Küste im Süden. Allein dort seien mindestens 450 Menschen umgekommen, hieß es vom Katastrophenschutz. Im ganzen Land fiel der Strom über Stunden aus. Noch in der nördlich gelegenen Hauptstadt entwurzelte "Sidr" Bäume.
Das Auswärtige Amt sagte dem Land, das zu den ärmsten der Welt gehört, 200.000 Euro Soforthilfe zu. Mit den Mitteln würden Projekte deutscher Hilfsorganisationen unertstützt, hieß es am Freitag. Das Welternährungsprogramm WFP der Vereinten Nationen begann mit der Verteilung von Notfallnahrung an der Küste Bangladeschs. Die erste Lieferung von 98 Tonnen Energiekeksen werde in den nächsten drei Tagen 400.000 Menschen ernähren. Das deutsche Bündnis "Entwicklung hilft" rief zu Spenden auf. Es ist ein Zusammenschluss von Brot für die Welt, Deutscher Welthungerhilfe, medico international, Misereor und terre des hommes.
Bundespräsident Horst Köhler sprach dem Präsidenten von Bangladesch, Iajuddin Ahmed, nach dem verheerenden Unwetter sein Beileid aus. Er habe mit großer Bestürzung von den vielen Toten und Verletzten erfahren, schrieb Köhler in einem Beileidstelegramm. "Ich möchte Ihnen, auch im Namen meiner Landsleute, meine tief empfundene Anteilnahme aussprechen."
Der Zyklon wurde am Freitag zu einem tropischen Sturm heruntergestuft. Der Chef der Übergangsregierung, Fakhruddin Ahmed, flog gemeinsam mit Armeechef Moeen Ahmed ins Katastrophengebiet, um sich zu informieren. Den Behörden war es vor Eintreffen des Sturmes in der Nacht zuvor noch gelungen, rund eine Million Menschen an der Küste in Sicherheit zu bringen.
In den Küstengebieten der ostindischen Bundesstaaten West-Bengalen und Orissa wurde bereits am Freitagmorgen Entwarnung gegeben. Dort richtete "Sidr" keine bedeutenden Schäden an.
Das bitter arme Bangladesch wird immer wieder von katastrophalen Zyklonen heimgesucht. Im Jahr 1970 starben in der Region bei dem bislang schlimmsten Zyklon rund eine halbe Million Menschen. 1991 kamen bei einem Zyklon in Bangladesch 140.000 Menschen ums Leben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!