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Zwölf Jahre Knast?

■ Hohe Haftstrafe im Hamburger Vergewaltigungsprozeß gefordert

Im Prozeß gegen einen 46jährigen Hamburger Gastwirt, der jahrelang alleinstehende Frauen in ihren Wohnungen sexuell mißbraucht haben soll, hat die Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe von zwölf Jahren für den Angeklagten gefordert. Nach Überzeugung der Anklage hat sich der Mann der Vergewaltigung und sexuellen Nötigung in 27 Fällen schuldig gemacht. Es handelt sich um die größte Vergewaltigungsserie in Hamburg seit dem Zweiten Weltkrieg.

Laut Anklage war der aus Rahlstedt stammende Kneipier in den Jahren 1988 bis 1993 nachts in Parterre-Wohnungen eingestiegen, hatte die Telefonleitungen herausgerissen und die im Schlaf überraschten Frauen sexuell mißhandelt. Danach habe er sich „entschuldigt“, hieß es in übereinstimmenden Aussagen der Betroffenen.

Seine Opfer habe der 46jährige „sorgfältig ausgewählt“, sagte Staatsanwalt Lieberich gestern in seinem Plädoyer vor dem Landgericht. „Er hat regelrecht Ausschau gehalten nach alleinstehenden Frauen, die er in Erdgeschoßwohnungen überfallen konnte.“ Viele der Frauen, von denen mehrere als Nebenklägerinnen am Verfahren teilnehmen, leiden noch heute unter Ängsten und Schlafstörungen, einige haben nach ihren Erlebnissen Zuflucht beim Alkohol gesucht.

Den Beteuerungen des Beschuldigten, der, so der Staatsanwalt, „die Taten nur nach und nach gestanden hat“ und darauf beharrte, „niemals Gewalt angewendet“ zu haben, schenkte Lieberich wenig Glauben. In einem „Prozeß der Selbstverleugnung“ habe sich der 46jährige offenbar selbst als, so der Ankläger, „Gentleman-Vergewaltiger gesehen, der allen Ernstes seine wehrlosen Opfer mit Charme erobern zu können glaubte“.

Das Urteil soll an diesem Freitag verkündet werden. lno

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