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Zweite Runde im Prozeß gegen Chun

■ Nach dem Todesurteil in Südkorea die nächste Instanz

Seoul (taz) – Ein Urteil ist noch nicht das Ende der Geschichte. Mit dieser Einsicht müssen sich zahlreiche südkoreanische Prozeßbeobachter abfinden, die am Montag das Todesurteil gegen den früheren Diktator Chun Doo Hwan als den „Beginn einer neuen Ära“ oder einen „historischen Wendepunkt“ begrüßt hatten. Südkoreas größter Justizfall, dessen Akten bereits auf 160.000 Seiten geschwollen sind, tritt im Grunde erst jetzt in die entscheidende Phase. „Das Urteil des Bezirksgerichts stört uns nicht“, sagte Han Young Suk, der Rechtsanwalt des zu 22 Jahren Gefängnis verurteilten ehemaligen Präsidenten Roh Tae Woo. Gemeinsam mit Han legten die Anwälte der dreizehn anderen zu Freiheitsstrafen verurteilten Generäle Berufung ein. Der Fall des südkoreanischen Expräsidenten Chun geht aufgrund des Todesurteils automatisch in die nächste Instanz. Indessen kündigte die Staatsanwaltschaft ihrerseits eine Revision an: Sie will erneut gegen sechs Angeklagte, darunter Chun und Roh, über deren Verantwortung für die blutige Niederschlagung des Demokratie-Aufstands von Kwangju im Mai 1980 verhandeln. Am Montag waren alle Generäle von der Mordanklage bezüglich des Massakers freigesprochen worden. In der nächsten Instanz wollen die Rechtsanwälte der Angeklagten, die sich vom ersten Verfahren aus Protest gegen eine schnelle Zeugenvernehmung zurückgezogen hatten, erneut vor Gericht auftreten.

Nach Präzedenzfällen in anderen politischen Prozessen in Südkorea haben die Angeklagten durchaus eine Aussicht auf mildere Strafen in den verbleibenden beiden Instanzen. Gerüchten um eine Begnadigung Chuns und Rohs traten Berater von Präsident Kim Young Sam gestern in Seoul entgegen. Für Kim käme es nicht in Frage, in einen Prozeß von solcher historischen Bedeutung einzugreifen, verlautete aus dem Präsidentenpalast.

In Südkorea kann der Präsident im Falle einer Todesstrafe nach Ablauf aller juristischen Instanzen Begnadigungen aussprechen. Georg Blume

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