Zwei Supertanker gekidnappt: Somalische Piraten als Ölspekulanten
In zwei Tagen fielen zwei Öltanker im Indischen Ozean in die Hände somalischer Piraten. Einer hatte Öl für die USA im Wert von 200 Millionen Dollar an Bord.
BERLIN taz | Je teurer das Erdöl, desto wertvoller sind die Öltanker auf den Weltmeeren. Kaum haben die Rohölpreise auf den Weltmärkten die Grenze von 100 US-Dollar pro Barrel überschritten, haben somalische Piraten im Indischen Ozean gleich zwei Öltanker in ihre Gewalt gebracht.
Die italienische "MT Savina Caylyn", auf dem Weg von Sudan nach Malaysia mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 104.000 Tonnen, wurde am Dienstag nach einem Feuergefecht gekapert. Sie hatte eine unbekannte Menge Öl aus Sudan für Malaysia an Bord.
Nur einen Tag später fiel der griechische Supertanker "Irene SL" in die Händer somalischer Piraten. Das 333 Meter lange Riesenschiff hat ein zulässiges Gesamtgewicht von knapp 320.000 Tonnen und hatte zum Zeitpunkt der Kaperung 270.000 Tonnen (über 1,9 Millionen Barrel) Öl aus Kuwait für die USA an Bord, heißt es.
Allein die Beute aus dem Tanker "Irene SL" ist rund 200 Millionen Dollar wert und entspricht einem Fünftel der US-Tagesimporte an Öl. Erstaunlich ist der Ort der beiden Überfälle, die mit Somalia an sich überhaupt nichts mehr zu tun haben. Der Tanker aus Italien wurde knapp 700 Kilometer westlich der zu Indien gehörenden Lakshadweep-Inseln gekapert.
Der griechische Supertanker fiel den Piraten 400 Kilometer vor der Küste Omans und 600 Kilometer südlich der Küste Pakistans in die Hände. Erst fünf Tage vorher, so meldet der sich in Kenia befindende Pirateninformationsdienst Ecoterra, war an genau dieser Stelle ein Angriff auf einen Öltanker durch einen Militärhubschraubereinsatz einer der unzähligen Interventionsflotten in dem Seegebiet vereitelt worden.
Mit den beiden Angriffen und der zeitgleichen Freilassung zweier südkoreanischer Schiffe liegt die Anzahl der ausländischen Schiffe in der Gewalt somalischer Piraten laut Ecoterra konstant bei 48, die Zahl der Geiseln bei 790. Die EU-Flotte im Indischen Ozean zählt 35 gekaperte Schiffe, aber in dieser Liste sind kleinere Schiffe nicht enthalten.
Die meisten gekaperten Schiffe werden vor Somalias Küste festgehalten. Manche sind aber auch zu Mutterschiffen für weitere Piratenangriffe umfunktioniert worden. Die darauf befindlichen, als Geiseln gehaltenen Besatzungsmitglieder dienen dann als "menschliche Schutzschilde" gegen mögliche Angriffe seitens der EU- und Nato-Interventionsflotten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen