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Archiv-Artikel

Zwangsumsiedlung

betr.: Hartz IV und das „angemessene Wohnen“

Ich bin erstaunt, dass in den Medien bisher eine bedrohliche Konsequenz für alle „Langzeitarbeitslosen“ noch nicht thematisiert wurde. Man erfuhr bisher nur, dass es pro Person (Ost/West) diverse Sätze gibt, zuzüglich Wohnkosten für „angemessenen Wohnraum“, Gas und Strom.

In diesem Wörtchen „angemessen“ versteckt sich eine Bedrohung, denn es gibt für dieses keine neue Rechtsverordnung. Das heißt Arbeitslosenhilfeempfänger werden den bisherigen Wohnregeln für Sozialhilfeempfänger unterworfen. En detail scheint dies zum Beispiel für zwei Personen eine maximale Wohnfläche von 62 m[2]zu bedeuten, nach mittlerer Miete des Mietspiegels. Sechs Monate soll der Arbeitslosenhilfeempfänger, der „nicht angemessen“ wohnt, Zeit haben um sich eine neue Bleibe zu suchen. Danach drohen je nach Kommune Streichung der Mietzahlungen, in manchen Kommunen sogar der Sozialhilfe. Letztendlich bedeutet das eine Zwangsumsiedlung von Arbeitslosenhilfeempfängern in sozial schwache Gebiete.

Jemand der 30 Jahre gearbeitet hat und nun angesichts seines Alters nicht mehr die geringste Aussicht auf eine neue feste Stelle hat, wird somit gezwungen, auch sein Zuhause aufzugeben. Eine nicht akzeptable Entmündigung, denn das Zuhause ist ein kostbares Gut. Nach allem, was ich bisher in Erfahrung bringen konnte, ist es den Arbeitslosenhilfeempfängern nicht möglich, die Wohnung zu erhalten, zum Beispiel indem sie die Differenz zwischen Wohngeld und tatsächlicher Miete durch einen Nebenjob oder Erspartes erhalten. […] Ich hoffe, dass dieses Thema in der Öffentlichkeit noch sein angemessenes Forum finden wird. CLAUDIA STEINSEIFER, Berlin