■ Störzeile: Zwang zum Planen
Und da behaupte noch eine, der Staat wolle sich aus der Verantwortung ziehen! Mitnichten: Da wird beraten, was das Zeug hält, ob über Familien- oder Lebensplanung – und wehe dem, der sich der einfühlsamen staatlichen Sorge ums persönliche Wohl entziehen will.
Schriftlich sollen die Hochschulen alle Studierenden, die ihre Regelstudienzeit um zwei Semester oder mehr überschreiten, zu einer Zwangsberatung einladen, schlagen die Profs aus der CDU-Bürgerschaftsfraktion vor. Und wer sich binnen dreier Tage nicht im Kreiswehrersatzamt, pardon, in der psychologischen Beratungsstelle meldet und sich „Hilfe für einen zügigen Abschluß“ inklusive „Beratung für die weitere Lebensplanung“ abholt, wird unverzüglich abgeschoben, pardon, exmatrikuliert.
Hat denn die CDU ihre Klientel vergessen! Woher sollen Arbeitgeber künftig wohl ihr hochqualifiziertes und sozialversicherungsfreies Personal nehmen? Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich also doch eher um eine gezielte christdemokratische Attacke auf die SPD.
Schließlich kann der Senat froh sein, daß die angehenden AkademikerInnen besser noch ein paar Jahre auf den – dank der Sparpolitik – immer billiger werdenden Studienplätzen herumgammeln und nebenher Taxi fahren, statt den Arbeitsmarkt zu überschwemmen und ordentliche Jobs zu fordern.
Vielleicht aber will die CDU endlich auch an den Universitäten mit den Sozialschmarotzern aufräumen und damit von ihrer bundesweit fehlgeschlagenen Hochschulpolitik ablenken. Aber das wäre ja fast schon langweilig. Ulrike Winkelmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen