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Zusammenarbeit zwischen Google und CIAZeitalter des Internetfeudalismus

Google und der amerikanische Geheimdienst investieren in eine Firma, die nach "unsichtbaren Verknüpfungen" im Web sucht. Eine bedrohliche Entwicklung.

Google-Freund: der amerikanische Geheimdienst CIA. Bild: dpa

Es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis die Interessen des Staates, alles über den Bürger zu wissen, und die Interessen von Google, alles über den Konsumenten zu wissen, zusammenfinden mussten. Zuletzt waren in der Öffentlichkeit einige Scheingefechte vorausgegangen, vor allem nach Googles Eingeständnis, die Street View Cars hätten nicht nur die Vorgärten der Einfamilienhäuschen fotografiert, sondern "unabsichtlich" WLAN-Netzwerke abgehört und persönliche Daten gesammelt.

Die Entschuldigung war in etwa so überzeugend, als behauptete ich meinem Buchhändler gegenüber, die nicht bezahlte Gesamtausgabe von George Orwell sei "unabsichtlich" in meinem Rucksack gelandet. Da protestierten einige Politiker im In- und Ausland und forderten, wie immer, wenn Politiker protestieren, schärfere Gesetze. Offensichtlich ist aber der Staat von dem Treiben Googles nicht zu sehr beunruhigt. Wieso sollte er es auch sein? In gewisser Weise erledigt Google staatliche Aufgaben, freiwillig, auf eigene Kosten und effizienter, als es je eine Behörde bewerkstelligen könnte.

Google Mail ist die größte Vorratsdatenspeicherungsanstalt der Welt, Google Maps ist eine Art Einwohnermeldeamt und die Suchmaschine von Google kann anhand unserer sichtbaren Sehnsüchte und Bedürfnisse effizientere Profile erstellen als jede Polizeieinheit. Und wer zweifelt daran, dass der Staat freien Zugang zu all diesen Daten erhält? So wie bislang die Polizei bei Bedarf selbstverständlich die Aufnahmen privater Überwachungskameras ausgewertet hat.

Nun ist bekannt geworden (www.wired.com/dangerroom/2010/07/exclusive-google-cia/), dass sowohl Google als auch der CIA in eine Firma namens Recorded Future investieren, die Webseiten, Blogs and Twitter-Accounts durchforstet, um gegenwärtige sowie zukünftige Beziehungen zwischen Menschen und Organisationen, zwischen ihren Absichten und ihren Handlungen zu analysieren. In einer Selbstdarstellung behauptet die Firma, man sei auf der Suche nach "unsichtbaren Verknüpfungen" (blog.recordedfuture.com/2010/03/13/recorded-future---a-white-paper-on-temporal-analytics/).

Es lohnt sich aber auch, die sichtbaren Verknüpfungen zwischen Google und den Geheimdiensten zu studieren. Im Februar wandte sich Google nach einem Hackerangriff hilfesuchend an die National Security Agency, jenen Moloch, der nach eigenem Gutdünken Telefonate und Internetkommunikation weltweit abhört. Zudem entwickelt Google spezialisierte Suchmaschinen und Netzwerke für die Geheimdienste. Und die Militärgeheimdienste verlassen sich auf Google Earth, wenn sie Drohnen programmieren und Bombenabwürfe dirigieren. Die Zusammenarbeit zwischen Google und amerikanischen Behörden hat in den letzten Jahren enorm zugenommen.

Google hat nie erklärt, wieso sie die "unabsichtlich" gesammelten privaten Daten auch noch gespeichert haben und was sie mit diesen Daten vorhaben. Eigentlich sagt Google immer wieder nur: "Vertraut uns. Wir sind eine Firma, die Gutes für alle will." Aber es existiert ein substanzieller Unterschied zwischen freiwillig bekanntgegebenen persönlichen Daten und gegen den eigenen Willen erspitzelten Daten. Wenn man etwas über sich in die Netzwelt hinausposaunt, kann das unangenehme Folgen haben, aber man kann sich auch dagegen wehren. Etwa in dem man einen solchen Fehler nicht wiederholt.

Und die kritische Gesellschaft kann durch Aufklärung ein Bewusstsein für die jeweiligen Gefahren schaffen. Es gibt Anhaltspunkte, dass dies hinsichtlich der sozialen Netzwerke momentan geschieht. Eine wachsende Zahl der User scheint zu begreifen, welche unangenehmen Langzeitfolgen die eigene Entblößung haben kann. In Gesprächen mit Schülern im Laufe dieses Jahres hat mir die Mehrheit versichert, sie würde Intimes über sich nie auf Facebook oder MySpace kundtun. Der Umgang mit diesen neuartigen Freundeskreisen muss erst noch erlernt werden, doch das geschieht, und es geschieht schnell. Eine ganz andere Qualität haben Übergriffe des Staates oder des Internetfeudalisten Google. Der Einzelne weiß nichts von seiner Entblößung, ergo kann er sich nicht dagegen schützen, und selbst wenn er erfährt, was mit seinen Daten geschehen ist, hat er kaum eine legale Chance, sich zu wehren.

Das Zusammenwirken von Google und Geheimdiensten ist das bisher klarste Anzeichen einer bedrohlichen Entwicklung, die jeden auf die Barrikaden treiben muss, der an die Freiheit des Individuums und an ein möglichst herrschaftsfreies Internet glaubt - noch hängt Google von dem Wohlwollen der Konsumenten ab. "Dont be evil" lautet das Motto von Google - nun wissen wir, dass auch dieser Slogan in Newspeak verfasst war.

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12 Kommentare

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  • G
    Gerald

    Als Webmaster und Admin vieler Blogs, Shops, Portalen usw. gehe ich sogar noch einen Schritt weiter und behaupte daß Google bereits fest im amerikanischen Geheimdienst integriert ist.

    Siehe auch

    https://minikurier-sts.de/b2/blogs/blog1.php/was-ich-ueber-google-herausgefunden

  • S
    Sven

    Was den Wlan-Vorfall angeht teile ich die Meinung von Gosig Mus. Trotzdem ein guter Artikel! Fakt ist, mann kann seine Kommunikation schon heute anonymisieren, nur ist das unbequem, damit kriegen sie uns.

  • EL
    Ein Leser

    Um jetzt mal ganz scharf vom Thema abzukommen, aber was mich dabei am meisten erstaunt ist wie schnell das EU Parlament dem neuen SWIFT Abkommen zugestimmt hat. Vor einigen Wochen gab's noch große Szenen der Empörung, à la "da machen wir nicht mit", "da wird Wirtschaftsspionage Tür und Tor geöffnet" etc. und eh man sich's versah wurde es auf einmal doch verabschiedet. Es würde mich echt interessieren was da gelaufen ist. Denn ein Freibrief zum ausschnüffeln ist es ja weiterhin und der eine EU Beamte den man jetzt Alibi-halber nach USA zum überwachen schicken will, ist ja wohl auch nicht mehr als eine Augenwischerei.

    Die Frage die sich stellt ist wie wir dem immer weiter um sich greifenden Ausspähen entgegentreten sollen. OK ich habe weder eine Facebook- noch eine Twitterseite, aber trotzdem bin ich mit sicher, dass sobald ich ein "gefährliches" Buch (was auch immer das ein mag) auf Libri oder Amazon kaufe, mein Name samt Kreditkarten- oder Kontonummer auf irgendwelchen Listen landet. Und wenn nicht heute dann in spätestens 5 Jahren ...

    Wenn dann jeder Heim-PC auch seine individuelle IP Nummer hat, und nicht wie derzeit noch eine dynamische, dann ist es mit jeglicher Anonymität eh dahin ...

  • MK
    M. K.

    Die CIA hat schon Menschen ermordet.

    Wenn Google mit denen zusammenarbeitet, sind sie definitiv nicht mehr gut.

  • F
    Fabian

    Selten habe ich so viel verschwörungstheoretischen Mist auf so wenig Raum gelesen. Was soll das überhaupt für ein Format sein? Ist das als Kommentar von Herrn Trojanow zu verstehen? Ein Bericht kanns ja wohl nicht sein, dazu schreibt er zuviel über sein verschwurbeltes Weltbild und es fehlen grundlegenden Informationen. Außerdem schreibt der Autor anscheinend nur aus anderen Zeitungen ab. Etwas journalistisches Handwerk - etwa mal bei Google nachzufragen, ist offenbar zuviel verlangt. Klafft das Sommerloch wirklich schon so gewaltig, dass solche mies recherchierten Hasspredigten ihren Weg in die taz finden...?

  • H
    Hanzo

    Wow... erinnert mich an einen totalen Überwachungsstaat zu dem die USA heranwächst... besonders weil Terroristen bestimmt über Google nach den neusten Bombenbauplänen und Lady Gaga Musik sucht...

     

    Wilkommen gläserner Bürger... Wilkommen Demokratie!

     

    lg

     

    Hanzo

  • T
    tutnichtszursache

    "Privatunternehmen, die nur allzu willfährig das staatliche Unrecht unterstützt haben, haben es in der Regel später teuer bezahlt."

     

    so wie bmw, ig farben z.b.?`harharhar

  • B
    ben

    Leider haben Open Source Suchmaschinen bis jetzt nie eine wirkliche Chance bekommen, die meißten Projekte sind sogar ganz von der Bildfläche verschwunden. Ich denke es wird Zeit für ein neues Google, vielleicht ein Projekt das ähnliche Grundlagen wie das Soziale Netzwerk "Diaspora" hat.

    Google bietet viele brauchbare Dienste an, für viele ist es auch uninteressant ob da Daten gespeichert und verarbeitet werden oder nicht aber die Schattenseiten zeigen sich so langsam.

  • T
    theofriedrich

    Es gibt ja grundsätzlich zwei Möglichkeiten.

    Ich gebe meine Daten in Netzwerken und bei Internetdiensten preis auch wenn ich weiß daß sie dort gespeichert und verwertet werden - dann ist es meine Entscheidung und ich soll mich anschließend nicht beschweren.

     

    Meine Daten werden ohne mein Wissen gesammelt oder ohne daß ich die Möglichkeit hätte das zu verhindern - aktuell SWIFT und die geplante Umstellung des inländischen Zahlungsverkehrs auf SWIFT sowie weitere staatlich angeordnete Datensammlungen.

    Hier empfiehlt sich Datensparsamkeit und Datenverweigerung. Die Möglichkeit, die staatlichen Server und Speichermedien durch einen überbordenden Datenstrom lahmzulegen ist leider illusorisch. Allerdings gilt auch hier, die Mittel die eingesetzt werden können auch gegen denjenigen angewandt werden, der sie einsetzt.

     

    Wir haben, in Deutschland und allen anderen Staaten, die Erfahrung mit Diktaturen haben - ob faschistisch oder "sozialistisch" - auch Erfahrungen mit Datensammlung und Bespitzelung, wenn auch auf einem technisch anderen Niveau. (Auch die Erfahrung, daß das letzten Endes nichts hilft sondern nur Leid über die Menschen bringt) Daß jetzt allerdings auch demokratische Staaten beginnen sich der Methoden der Diktaturen - einschl. Folter - zu bedienen und wir nur allzu bereit sind unseren demokratisch gewählten Politikern zu mißtrauen stimmt bedenklich. (Für unsere Politiker wäre es vielleicht ein erster vertrauensbildender Schritt, wenn sie ihrem gesunden Menschenverstand und nicht den paranoiden Schlapphüten vertrauen würden). Privatunternehmen, die nur allzu willfährig das staatliche Unrecht unterstützt haben, haben es in der Regel später teuer bezahlt.

  • MN
    mein name

    das internet war mal gut, um sachen verbeiten zu können, die auf normalem wege nicht hättet verbreitet werden können.

    ideen und informationen aller art in einem anarchistischen bereich. seit die staaten dieser welt anfangen, sich dort einzumischen, ist meiner meinung nach ein wesentlicher teil des sinns des internets weggebrochen.

    es war mal ein platz für freie meinungsäusserung, egal in welche richtung. heute muss man ja schon aufpassen, was man in facebook oder ähnlichem postet, weil es eventuell in 20 jahren gegen mich verwendet werden könnte.

    wo soll das nur enden und wann haben die leute endlich die schnauze voll davon, bin ich der einzige den das stört??!!

  • HS
    Herrn Schmilz

    "... eine bedrohliche Entwicklung ..."

     

    "... Eigentlich sagt Google immer wieder nur: Vertraut uns. Wir sind eine Firma, die Gutes für alle will! ..."

     

    Man kann mit guten Gründen auch die "Demokratisierung" und andere Scheusslichkeiten, mit denen hegemoniale Staaten und Staatenbünde reglmässig Nachbarn und fremde bedrohen für "bedrohlich" halten.

     

    Das ist alles nur eine Definitionsfrage.

     

    Wenn wir aufhörten, unsere Haltung permanent "richtig" zu finden, könnten wir vielleicht auch die Haltungen von anderen wie Google oder die der Schlapphüte für grundsätzlich "falsch" zu halten.

     

    Die Entwicklung der Beziehungen zwischen Google-Cia war abzusehen und entspricht dem Prinzip des maximalen "Profits" aus beider Sicht.

     

    Hält die Cia Googles Vergehen wie die eigenen geheim, gehört Google plötzlich wieder zu den Guten.

     

    Forscht Google Menschen, Orte und Email-Verkehr für die CIA aus, müssen die Paranoiker aus Langley das nicht selber versuchen und brauchen daher weder irgend was verantworten noch gar irgendwas leisten für die Daten ausser eben die CIA-übliche Vertuschung.

     

    Eine klassische win-win-Situation, wa?

  • GM
    Gosig Mus

    Schön, dass die taz hierrüber redet. Die Verbindung zu den WLAN-Daten erschliesst sich mir aber nicht.

     

    Da wurden zum einen die Position von WLANs gespeichert -- nichts privates und auch nichts ungewöhnliches, die Daten wurden von anderen Unternehmen bereits gesammelt und werden jetzt schon von Apple und Nokia und anderen genutzt.

     

    Zum anderen wurden nebenbei gesendete Daten mitgeschnitten -- aus Versehen, sagt Google, eine Wartungsfunktion die nicht abgeschaltet wurde. Das mag man glauben oder nicht; der mögliche Schaden und der Eingriff in die Privatssphäre ist jedenfalls überschaubar, wenn man sich bewusst macht, dass von den fahrenden Autos wohl nur sehr wenige Daten empfangen wurden, die in der Regel noch dazu verschlüsselt sind. Das ganze eignet sich natürlich gut als Aufmacher, Street View bleibt allerdings das Projekt mit den größeren Konsequenzen, und das ist alles garnichts verglichen mit den weniger physikalischen und daher weniger sichtbaren Sachen die Google im Internet treibt.