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Zurücktreten!

■ Barschel muß für größere Aufgaben geschont werden

Uwe Barschel muß zurücktreten. Darüber scheint Einigkeit zu herrschen, von der taz bis hinab zum ZDF– Magazin. Entweder er hat gewußt, was Pfeiffer, sein Mann fürs Grobe, geplant und ausgeführt hat - dann sprechen seine halbherzigen Dementis der letzten Tage, als versuchte Befreiungslügen, noch zusätzlich gegen ihn. Oder er hatte keine Ahnung von den Taten seines Intimus: das würde ihn mindestens ebenso diskreditieren. Aber solche Arglosigkeit wird man einem ausgefuchsten Ex–Polizeiminister gar nicht erst unterstellen. Die Indizien sprechen dafür, daß er informiert war. Allein die von Pfeiffers Sekretärin bestätigte Angabe, Barschel habe von Pfeiffer Telefon–Wanzen erbeten, um auf diese Weise später Engholm ins Zwielicht zu bringen, reicht zum Rücktritt. An der politischen Moral wird man jemanden wie Barschel nicht packen können - im übrigen wäre das altmodisch und wirkungslos. Man kann aber von Politikern immer noch fordern, daß ihr allgegenwärtiges Schmierentheater wenigstens keine Remakes amerikanischer Stoffe aufführt. Außerdem gehört Barschel zum Nachwuchsreservoir der knallharten, unsozialen Wendepolitiker. Kohl läßt seine gefügigen Youngsters nicht hängen. Karriere–Ängste liefern Barschel kein Motiv, mit seinem Rücktritt länger zu zögern. Wenn er jetzt für ein, zwei Jahre in der Versenkung eines Anwaltsbüros verschwindet, kann er nach der Bundestagswahl 1991 Innenminister in Bonn werden. Nicht trotz, sondern wegen der Hemmungslosigkeit seiner politischen Kabalen hat Barschel sich für größere Aufgaben empfohlen. Nikolaus Müller–Schöll/Klaus Nothnagel

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