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■ betr.: "Schuld und Schulden" von Henryk M. Broder, taz vom 3.4.93

betr.: „Schuld und Schulden“ (Ein kleiner Vergleich zweier Transferleistungen) von Henryk M. Broder, taz vom 3.4.93

Daß sich Henryk Broder auch zu Dingen äußert, von denen er nichts versteht, ist sein gutes Recht – geht mir mitunter auch so.

Also: Als das DDR-Monopoly- Geld“ in „richtiges Geld“ umgerubelt wurde, verloren die DDR- Bürger zwar nicht sofort, aber drei Monate später ihr gesamtes Volkseigentum – selbst unbebaut dürfte seine Fläche soviel wert sein wie alle bisherigen Transfers und „Umrubelungen“, und einige nicht „marode“ Bauwerke, Ausrüstungen und Maschinen standen bzw. stehen ja auch noch darauf. Dann wäre doch wohl zu berücksichtigen, daß die DDR 97 bis 98 Prozent aller Reparationen Deutschlands gezahlt hat, mit der üblichen Verzinsung schon Ende der siebziger Jahre rund 730 Milliarden DM. Diese Schuld wird doch nicht getilgt, indem ein gewinnabwerfendes Staatsunternehmen allen Leuten, die das wollen, kosten- und gebührenpflichtig Telefon legt, oder ein anderes, das sich aus Steuern finanziert, Straßen bzw. Autobahnen baut.

Broder spricht von fragwürdiger „Pflicht, für die Sanierung der DDR aufzukommen“ – aber fragt uns überhaupt jemand, ob wir so saniert werden wollen? Unser aller Kanzler weiß jedenfalls besser, worauf's ankommt – nämlich: „was hinten rauskommt“. Bisher dienen die West-Ost-Transfers der „Erschließung des Ostens“ und nur zu einem geringen Teil der realen Besserstellung der („einfachen“) Menschen aus der früheren DDR- Bevölkerung. Statt das fiktive Volkseigentum zu realem machen zu können, wurden sie mit billigerem Kaffee, billigerem und sofort lieferbaren Autos, guten PCs versorgt – das war's dann. Wieder zurück auf Feld 1. Ende des Versuchs (des 2. in der Weltgeschichte) ... V. Wirth, Ostberlin

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