Zur Vorschau: Gegen Faschismus
■ C. Eschenbach dirigiert die NDR-Sinfoniker: Schönberg und Beethoven
Arnold Schönberg war eine schillernde Gestalt: Mit der Auflösung der Tonalität und der Erfindung der Zwölftontechnik verbindet sich zunächst einmal ausschließlich sein Name. Und doch verstand er sich als traditionsbewußter Neuerer, keinesfalls als Revolutionär. Und er galt als politisch konservativ, was ihn, den Juden, freilich nicht daran hinderte, Werke gegen den Faschismus zu schreiben. Im Exil in Amerika schrieb er 1947 „Ein Überlebender aus Warschau“, ein Melodram für einen Erzähler, Männerchor und Orchester. Das Werk beruht auf Berichten von den Nazigreueln im Warschauer Ghetto. Es stellt sich die immer wieder berechtigte Frage, ob man aus diesen Verbrechen Kunst machen kann. Claude Lanzmann hat dies in seinem „Shoah“-Film verneint, Steven Spielberg in „Schindlers Liste“ bejaht. Schönberg integriert Originalzitate, stellt also gewissermaßen Realität in die erregten Orchesterstimmen und beendet das Werk mit dem machtvollen altjüdischen Lied „Sch–ma Jsroel“ als Hoffnungs- und Siegeschoral.
Daß Christoph Eschenbach dieses erschütternde Werk in den Mittelpunkt des ersten Konzertes des NDR-Sinfonieorchesters stellt, ehrt ihn. Und nicht nur das: Auch Schönbergs Violinkonzert op. 36, eines der schwierigsten Konzerte überhaupt, steht auf dem Programm. Es ist bei dem Geiger Christian Tetzlaff mit Sicherheit in besten Händen. Das Konzert schließt mit der einzigen Sinfonie Beethovens, die keinen langsamen Satz enthält: Richard Wagner hat die siebente in A-Dur „Apotheose des Tanzes“ genannt und Romain Rolland „Orgie des Rhythmus“. Beethoven mag die glänzende Wucht dieses Werkes als „Symphonie gegen Napoleon“ verstanden haben, eine Interpretation, denen die Zeitgenossen nicht folgen konnten. Carl Maria von Weber wollte Beethoven für dieses Werk „ins Irrenhaus“ schicken. Selten haben Programme solche Schlüssigkeit wie dieses. usl
31.10., 20 Uhr in der Glocke
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen