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■ „12 Kappen Wasser“ oder die Exegese von Hits aus der Jugend
Manchmal, wenn ein Mensch die musikalischen Vorlieben eines nicht notwendig näher bestimmten 'Damals' vor dem inneren Ohr vorbeiziehen läßt, durchzieht ihn ein Schauder vergangenen Glücks, aber auch glücklich überstandenen Leidens. Doch mit noch mehr Heftigkeit drängt sich ihm eine Frage auf. Die Frage, welche Eigenschaften dafür gesorgt haben, daß einige dieser Songs wahrscheinlich immer wieder aus den Untiefen der Erinnerung in die Weiten des Bewußtseins stechen werden. Musikalische Qualität jedenfalls ist es meist nicht (allein).
Für Leute, die Musik machen, ist diese Frage ganz fraglos doppelt interessanter. Schließlich wollen sie nicht nur etwas spielen, was für den Moment gefällt, sondern streben danach, sich ihrerseits mit ihren Songs dauerhaft in anderer Leute Unterbewußtsein zu graben. Außerdem ist ihr eigenes Spiel geprägt von den seltsamen Vorlieben früherer Tage. Lumpi, Frank und Ingo, gemeinsam unterwegs als „12 Kappen Wasser“, wollten ihr musikalisches Unterbewußtes nicht unkontrolliert schalten und walten lassen. So haben sie sich durch Stapel alter Platten gewühlt und geschaut, was einen Song von ELO oder Eddy Grant zu dem macht, was er schließlich auch ist: Nicht nur eine Geschmacksentscheidung, die in der Retrospektive als Entgleisung wirken mag, sondern auch ein echter HIT! Ein Stück mit Groove, Text und Melodie.
Und von dem, was als essentiell erkannt wurde, lassen sich „12 Kappen Wasser“ inspirieren. Das paßt zu einem Satz, der in ihrem Info steht. „Wenn man sich traut, einiges zu vergessen, was einem schon mal schlaue Leute gesagt haben, hat man mitunter die Chance, an etwas heranzukommen, von dem man nicht wußte, daß man es kann.“
Anstatt also Fachleuten für Stilfragen auf den Leim zu gehen, lieber den eigenen Ohren trauen, auch wenn es darum geht, was die (die Ohren) so zu hören kriegten, als das Gehirn zwischen ihnen noch voll unverbrauchter Begeisterungsfähigkeit war.
Wie sich das in den Liedern von 12KW zwischen New Wave, Reggae und einer mittlerweile etwas straighteren Form niedergeschlagen hat, gibt es im Tower zu hören. Andreas Schnell
Freitag ab 22 Uhr in der Tower-Bar, Herdentorsteinweg.
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