Kommentar: Zur Strafe Straßen
■ Warum Hamburgs Verkehrtbehörde weiterhin erschütternd lernunfähig ist
Es bleibt alles beim Alten. In Hamburg findet die Verkehrswende nicht statt. Der gestern vorgestellte Verkehrsentwicklungsplan wird seinem Titel vollauf gerecht: Er entwickelt Verkehr immer weiter, immer geradeaus, immer mit Vollgas. Von Steuerung hingegen findet sich keine Spur.
Das Versagen ist zwangsläufig, weil Grundlagen und Ziele falsch sind. Denn die Gleichberechtigung aller VerkehrsteilnehmerInnen, ob in Bus, Bahn oder Auto, ob zu Fuß oder auf dem Rad, ist eben nicht die Absicht der rotgrünen Verkehrspolitik in dieser Stadt.
Stattdessen unterteilt sie willkürlich Verkehre als wichtig oder unwichtig und stellt somit eine als nicht diskutierbar begriffene Hierarchie auf. Zuerst kommen LKWs und jene Unverbesserlichen, für die Freiheit nur als eine automobile vorstellbar ist. Für alle anderen bleiben Reservate.
In keinem Bundesland gibt es eine solche Fülle von sinnvollen Möglichkeiten wie in diesem verdichteten Stadtstaat. Sie bleiben sämtlich ungenutzt oder werden bestenfalls in vagen Absichtserklärungen erwogen.
Wer aber wachsenden Autoverkehr als gottgegeben hinnimmt, der muss zur Strafe Straßen bauen. Und verbietet sich den Gedanken, dass neue Verkehrswege neuen Verkehr produzieren. Weshalb dieser Plan in irriger Konsequenz keine offensive Politik für Fahrräder, Busse und Bahnen formuliert: Am Ende würden die auch noch verstärkt genutzt werden.
Hamburgs Verkehrtbehörde ist, ebenso simpel wie erschütternd, nicht lernfähig.
Sven-Michael Veit
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