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■ Zur Ozonkonferenz in KopenhagenOhne Kür kein Sieg

Gleich zu Beginn der internationalen Ozon-Konferenz haben die Umweltdiplomaten aus 81 Ländern ihr Pflichtprogramm absolviert. Der weltweite Ausstieg aus den ozonkillenden Flurchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) wird um mehrere Jahre vorgezogen. Die letzten dieser gefährlichen Stoffe sollen Ende 1995 produziert werden.

Das ist ohne Zweifel ein Fortschritt, aber allein mit dem Pflichtprogramm ist der Kampf gegen das Ende der Ozonschicht nicht zu gewinnen. Die versammelten Vertreter von Industrienationen und Entwicklungsländern müssen sich auf der Konferenz, die noch bis Mittwoch dauert, also dringend der Kür zuwenden: Kür heißt, eine Lösung für die alten Kühlschränke und Autoklima-Anlagen finden. Es kann nicht angehen, daß 80 Millionen vollklimatisierte Autos bis an ihr Lebensende weiter mit Ozonkillern, und seien sie noch so recycelt, gefüttert werden und diese Ozonkiller in die Luft ablassen.

Kür heißt weiter das Verbot von Methyl-Bromid, einem Pestizid, von dem erst kürzlich bekannt geworden ist, daß es maßgeblich zur Zerstörung der Ozonschicht beiträgt. Und Kür heißt schließlich auch, Lösungen beim Ersatz der FCKW zu finden, die auch bei weltweitem Verbrauch das Treibhaus nicht weiter anheizen.

Für diese Kür müssen Geld und der politische Wille da sein. Gerade wenn es, wie Minister Töpfer nicht müde wird zu betonen, bei der Rettung der Ozonschicht um eine „Überlebensfrage der Welt“ geht. Es kann nicht angehen, daß den Ländern des Südens jetzt die teuren klimaschädigenden Konzepte der westlichen Chemieindustrie als Lösung aufgeschwatzt werden. Beim Thema Kühlschränke für alle InderInnen und ChinesInnen hat gerade eine ostdeutsche Firma eine Lösung vorgegeben, die in der Produktion auch für die Länder des Südens technisch zu bewältigen ist und die Umwelt billiger kommt.

Gänzlich fatal wäre es, wenn in den Industrieländern Ozonkiller wie das Pestizid Methyl-Bromid munter weiter produziert würden, weil es angeblich keinen Ersatz gibt. Im Süden des gemeinsamen Planeten drängt sich heute schon der Eindruck auf, daß weltweite Umweltprobleme vom Norden immer erst dann angepackt werden, wenn es zum eigenen Vorteil gereicht. Zu hoffen ist, daß die Länder des Südens sich nicht von dieser EG-Haltung des Nach-mir-die-Sintflut anstecken lassen. In Europa selbst wäre es dann an der Zeit, neue Werbeplakate zu drucken: Sie zeigen die Konterfeis der Regierungschefs beim EG- Gipfel. Titel: Alle reden von der Ozonschicht, wir zerstören sie. Hermann-Josef Tenhagen

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