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■ Zum zweiten Mal in einer Woche fordert ein Attentat palästinensischer Extremisten auf einen Bus in Jerusalem zahlreiche Menschenleben. Israels Ministerpräsident Peres gerät immer stärker unter Druck.Der Krieg hat wieder begonnen

Der zweite schwere Terrorschlag palästinensischer Extremisten innerhalb einer Woche hat den Friedensprozeß in Israel ernsthaft ins Wanken gebracht. Mit den Worten „Wir sind im Krieg“ reagierte der israelische Staatspräsident Eser Weizman auf den brutalen Anschlag auf einen Linienbus im Zentrum Jerusalems. Er forderte, ein Allparteienbündnis zu schließen und die Gespräche mit den Palästinensern vorerst abzubrechen. „Ich schlage vor, daß die Regierung jetzt Schluß macht, die Friedensgespräche aussetzt und nachdenkt“, sagte Weizman im israelischen Rundfunk. „Das kann so nicht weitergehen.“ Auch israelische Unterhändler, die in Washington mit Syrien über einen Frieden verhandelten, sollten zurückbeordert werden.

Der Präsident des palästinensischen Autonomierats, Jassir Arafat, verurteilte in Gaza-Stadt den neuen Anschlag als „ernste, gefährliche und unakzeptable Terroraktion.“ Er versprach, scharfe Maßnahmen gegen Einzelpersonen und Gruppen zu ergreifen, die Terroraktionen planen und durchführen. „Das ist nicht nur gegen die Israelis, es ist gegen die Palästinenser und gegen den Friedensprozeß“, sagte Arafat vor Journalisten. Er versicherte, bei der Bekämpfung des Terrors zusammenzuarbeiten sowie einige Einrichtungen der Hamas zu verbieten.

Im Gaza-Streifen war die Lage nach Arafats Erklärung angespannt. Panzer patrouillierten durch die Straßen. Nachdem bereits in der vergangenen Woche mehr als 250 Palästinenser festgenommen worden waren, kam es gestern zu zahlreichen weiteren Verhaftungen und Hausdurchsuchungen. Ab sofort soll im Gaza- Streifen sowie in den von der palästinensischen Autonomiebehörde verwalteten Städten illegaler Waffenbesitz mit Einkerkerung bestraft werden.

Verschiedene israelische Oppositionssprecher forderten dessen ungeachtet gestern erneut, Israel solle selbst militärische Schritte in den palästinensischen Gebieten unternehmen, um die von Israel geforderten scharfen Maßnahmen gegen die Hamas und vor allem gegen deren militärische Führung durchzuführen. Die israelische Regierung beschloß in einer Sitzung, die Trennung zwischen israelischen und palästinensischen Gebieten mit etwa 20 von israelischen Sicherheitsbeamten kontrollierten grenzartigen Übergängen durchzusetzen. Dies soll allerdings keine definitive Grenzziehung bedeuten. Israels Innenminister Haim Ramon warnte Arafat und rief ihn zu engster Zusammenarbeit auf – „weil sonst die Gefahr besteht, daß von den israelisch-palästinensischen Abkommen in Oslo von 1993 nichts übrigbleibt“.

Der Chefredakteur der islamischen Wochenzeitung Al-Wattan hingegen wertete den Anschlag hingegen völlig anders: Israel und den Palästinensern werde jetzt die Gelegenheit geboten, ihre Abkommen, „die keinen wahren Frieden bieten“, entsprechend zu revidieren: Alles weise darauf hin, daß die Hamas sich derzeit intensiv bemühe, in die Friedensverhandlungen einbezogen zu werden, um in der Endphase doch noch ein entscheidendes Wort mitreden zu können. So gesehen müssen die letzten Terrorakte als Mittel zur Erzielung der politischen Ambitionen der Hamas-Führung verstanden werden. Obgleich Israel jegliche Kontakte amtlich und entschieden dementiert, behaupten auch Führer des palästinensischen Autonomierats weiterhin, daß Israel bereits in der vergangenen Woche Verhandlungen mit der Hamas über ein Abkommen zur Einstellung aller Feindseligkeiten aufgenommen hat. Politische Beobachter machten auch gestern wieder deutlich, inwiefern der Anschlag, zu dem sich die Hamas- Splitterorganisation „Die Schüler von Jahja Ajasch“ bekannte, und interne Debatten allerdings auch die innere Zerrissenheit unter den palästinesischen Extremisten verdeutlichten.

Der gestrige Anschlag bedroht jedoch nicht nur den Friedensprozeß, sondern auch eine Wiederwahl des Ministerpräsidenten Schimon Peres. Bei Demonstrationen in der Nähe des Tatorts in Jerusalem verlangten zumeist junge und religiöse Bürger den Rücktritt des Ministerpräsidenten. Immer wieder wurde „Tod den Arabern!“ skandiert. Bürgermeister Ehud Olmert rief durch die elektronischen Medien zu Ruhe und Ordnung auf. Militäreinheiten machten sich auf den Weg, um das ohnehin große Polizeiaufgebot bei den Demonstrationen zu unterstützen. Peres selbst reagierte mit deutlichen Worten auf das Attentat: Er sagte der „Hamas und anderen Organisationen den totalen Krieg mit allen Mitteln als oberste Priorität der Regierungspolitik an“. Israel wolle mit der palästinensischen Autonomiebehörde jetzt nicht weiterverhandeln, sondern nur Forderungen stellen – nach einem Verbot, Entwaffnung und Verhaftung aller Terroristen. Weiter forderte er die Wiedereinführung von Methoden wie Ausgehverbot und die Versiegelung und Zerstörung von Häusern, in denen Familien von Tätern wohnen.

Die Frage eines eventuellen Aufschubs der für den 29. Mai geplanten Wahlen in Israel soll erst in den nächsten Tagen diskutiert und entschieden werden. In den letzten Meinungsumfragen schneidet der Likud-Oppositionsführer Benjamin Netanjahu bereits entweder besser ab als Peres oder erhält zumindest Stimmengleichheit mit seinem Rivalen, der noch vor zehn Tagen als eindeutiger Favorit bei der Wählerschaft galt. Amos Wollin, Tel Aviv

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