Zum Tode Gaddafis: Aufstand gegen den Despoten
Nun ist Libyens Machthaber tot. Im Februar begann die Revolte gegen den Diktator Muammar al-Gaddafi, seit August war er auf der Flucht.
BERLIN taz | Der Tod des ehemaligen libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi bedeutet den endgültigen Sieg der Aufständischen, die sich vor gut acht Monaten in Libyen erhoben hatten - in direkter Reaktion auf den Sturz der Diktatoren Ben Ali und Husni Mubarak in den Nachbarstaaten Tunesien und Ägypten.
Die wichtigsten Daten des Aufstandes in Libyen und des internationalen Militäreinsatzes gegen Gaddafi im Überblick:
15. Februar: Beginn der Proteste gegen Gaddafi in Reaktion auf die Festnahme eines Menschenrechtsanwalts, wenige Tage nach dem Rücktritt Mubaraks in Ägypten. In Bengasi und al-Baida werden die Proteste erst gewaltsam niedergeschlagen, greifen aber auf andere Städte über.
21./22. Februar: Gaddafis Innen- und Justizminister schließen sich der Opposition an, die auch in Tripolis stark ist. Im Osten Libyens laufen Teile des Militärs über. Täglich wird Gaddafis Sturz erwartet. Der holt in den Folgetagen zum Gegenschlag aus. Blutige Niederschlagung der Proteste in Tripolis und anderer westlibyscher Städte, insbesondere Sawija.
Ende Februar bis Anfang März: Der Osten Libyens bleibt in den Händen der Aufständischen, aber Gaddafis Militär wird wieder stärker. Vor den Kämpfen fliehen immer mehr Ausländer aus Libyen; die westlichen Ausländer werden von ihren Ländern evakuiert, die arabischen und afrikanischen stranden zumeist an Libyens Außengrenzen. Bis 7. Oktober verlassen nach Angaben der "Internationalen Organisation für Migration" 721.772 Ausländer das Land; die Zahlen steigen weiter.
17. März: Nachdem Gaddafis Truppen kurz vor der Einnahme der Oppositionshochburg Bengasi stehen, erlaubt der UN-Sicherheitsrat zum Schutz der Zivilbevölkerung den Einsatz von Gewalt gegen Gaddafis Streitkräfte. Deutschland enthält sich.
19. März: Eine Koalition unter Führung von Frankreich, Großbritannien und den USA beginnt mit Luftangriffen.
31. März: Die Nato übernimmt das Kommando des Libyen-Einsatzes. Seit Ende März flog die Nato nach eigenen Angaben vom Donnerstag fast 26.100 Lufteinsätze, davon mehr als 9.600 Angriffsflüge.
April-Juni: Die Aufständischen schaffen es nicht, aus dem Osten Libyens Richtung Tripolis vorzudringen. Die von Rebellen gehaltene Stadt Misurata im Westen des Landes wird belagert. Zahlreiche afrikanische Kriegsflüchtlinge sterben auf der Flucht über das Mittelmeer.
27. Juni: Der Internationale Strafgerichtshof erlässt Haftbefehle gegen Gaddafi, seinen Sohn Seif al-Islam und Geheimdienstchef Abdullah al-Senussi.
Juli: In den von der Berber-Minderheit besiedelten Nafusa-Bergen im Westen Libyens starten Aufständische eine eigene Offensive Richtung Tripolis. Im belagerten Misurata drängen die Rebellen Gaddafis Truppen immer weiter zurück.
15. Juli: Die internationale Libyen-Kontaktgruppe erkennt den Übergangsrat der Rebellen als die "einzige legitime Regierung" des Landes an.
28. Juli: Der bisherige Militärchef der Rebellen, General Junis, wird in Bengasi getötet. Mitstreiter hatten ihm Geheimkontakte zum Gaddafi-Lager vorgeworfen. In der Folgezeit kommen die Aufständischen schneller voran.
21.-23. August: Die Aufständischen erobern die Hauptstadt Tripolis. Gaddafi flieht an einen unbekannten Ort.
9. September: Interpol schreibt Gaddafi, seinen Sohn Seif al-Islam und Geheimdienstchef Senussi zur weltweiten Fahndung aus. Gaddafis Sohn Saadi und weitere Vertraute setzen sich daraufhin in den Niger ab. Rebellen geben Gaddafis Truppen eine Frist von sechs Tagen, ihre Waffen niederzulegen.
15. September: Rebellen beginnen mit Angriffen auf Sirte, die letzte größere Stadt noch unter Gaddafis Kontrolle.
27. September: Rebellen nehmen den Hafen von Sirte ein.
7.-9. Oktober: Rebellen rücken ins Stadtzentrum von Sirte ein, das mittlerweile weitgehend zerstört ist. Sie kontrollieren unter anderem das gigantische Afrika-Konferenzzentrum "Ouagadougou".
20. Oktober: Rebellen erobern Sirte komplett. Gaddafi wird festgenommen und getötet. (taz)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pro und Contra Letzte Generation
Ist die Letzte Generation gescheitert?
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
Die Linke im Bundestagswahlkampf
Kleine Partei, großer Anspruch
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Studie zum Tempolimit
Es könnte so einfach sein
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?