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Zum Tod von Gudrun WagnerIm Zweifelsfall entschied sie

Gudrun Wagner, die Frau des Bayreuther Festspielchefs Wolfgang Wagner, ist tot. Nun steht die Nachfolgeentscheidung in Bayreuth wohl endgültig an.

Blieb stets die "heimliche Chefin": Gudrun Wagner. Bild: ap

Meist ist das wirkliche Leben weit weniger dramatisch als das Theater, wenn in diesem eine Tragödie aus klassischen oder romantischen Zeiten gegeben wird. Diese Erfahrung gilt auch im Fall von Gudrun Wagner: Die Frau des Bayreuther Festspielchefs Wolfgang Wagner ist am Mittwochmorgen überraschend verstorben - im Klinikum an ihrem Wohnort und infolge von Komplikationen nach einer Operation. Sie wurde 63 Jahre alt.

So gebietet es sich und auch die Pietät, die vom Festspielgründer in den "Ring des Nibelungen" eingeschriebenen Umgangsformen von Siegfried, Hagen & Co. nun nicht auf das Geschäftsgebaren der heutigen und künftigen Betreiber der Richard-Wagner-Festspiele zu projizieren (die "Götterdämmerung" verhandelt arglistige Täuschung, Meineid, Totschlag etc. bei den rheinischen Gibichungen - in grauer Vorzeit).

Die Parallelisierung verbietet sich, obwohl die von der Sekretärin zur Gemahlin des Prinzipals aufgerückte Gudrun "als Drahtzieherin des seit Jahren schwelenden Streits um die Nachfolge der Festspielleitung" galt (laut ZDF heute). Denn heute wird die Macht auch in kleinen Imperien anders erworben und erhalten als an einem altfränkischen Königshof. "Im Zweifelsfall entscheidet er", betonte sie allenthalben - aber die über den dritten Bildungsweg an die Schlüsselstellung des mittelständischen Unternehmens auf dem "Grünen Hügel" gelangte Managerin kannte wenig Zweifel oder Skrupel.

Die in Ostpreußen geborene Fremdsprachenkorrespondentin hat es im Leben weit gebracht. Nach der Scheidung von seiner ersten Frau Ellen Drexel heiratete der nach dem Tod seines hochbegabten Bruders Wieland Wagner allein geschäftsführende Wolfgang Wagner die im Pressebüro seines Unternehmens tätige resolute junge Frau.

1978 kam Tochter Katharina zur Welt, die Gudrun Wagner systematisch als Nachfolgerin ihres inzwischen 88-jährigen Mannes aufbaute, nachdem ihre eigenen Bemühungen, Chefin auf dem "Grünen Hügel" zu werden, 2001 vom Stiftungsrat der Festspiele zunichte gemacht wurden. Das paritätisch aus Familienmitgliedern und Vertretern der öffentlichen Hände (Bund, Freistaat Bayern, Stadt Bayreuth etc.) zusammengesetzte Gremium wählte Eva Wagner-Pasquier zur Nachfolgerin (Wolfgang Wagners Tochter aus erster Ehe). Doch der Alte, ausgestattet mit einem Vertrag auf Lebenszeit, gab seinen Posten nicht frei.

Diese Weigerung wird sich nun aber nicht mehr länger aufrechterhalten lassen, da die Geschäftsfähigkeit sichtlich und hörbar nicht mehr gegeben ist. Nun also steht die seit Jahren verschleppte Nachfolgeentscheidung wohl definitiv an.

FRIEDER REINIGHAUS

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