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■ Zum Scheitern der Energiekonsens-GesprächeEin vertanes Jahr

Ein Jahr nach dem Konsens-Vorstoß der Strombosse Gieske (RWE) und Piltz (Veba) und sieben Monate nach dem Beginn formaler Verhandlungen sind die Gespräche über einen „überparteilichen Kernenergiekonsens“ gescheitert. Die Industrie wollte von der Politik erklärtermaßen Vorgaben für ein „geordnetes Auslaufen der heute genutzten Kraftwerke“ und die langfristige Zukunft der Atomkraft. Die Politiker aber versagten sich. Und das, obwohl die Voraussetzungen recht günstig waren: Nicht nur die Stromkonzerne, auch Umweltschützer betonen immer wieder, daß es langfristiger rationaler Konzepte für die deutsche Energiepolitik bedarf. Und zweitens liegen ausgearbeitete Konzepte vor. Wie in kaum einem anderen Politikbereich haben Ökonomen und Ökologen, Wirtschaftsvertreter und Politiker in den vergangenen Jahren Szenarien für unterschiedliche Energiezukünfte für Deutschland entwickelt.

Versagt hat vor allem die Union: Es gibt eben keine gesellschaftliche Mehrheit für die Atomkraft, selbst die Stromkonzerne beginnen das zu begreifen. RWE und Co. können sich vorstellen, die Lichter auch ohne Akw nicht ausgehen zu lassen – doch die Union, vor allem ihr bayrischer Zweig, übernehmen die Patenschaft für einen Siemens-Reaktor, der nicht einmal auf dem Zeichenbrett steht. Nicht nur atmosphärisch verstanden sich die Strombosse zeitweise besser mit den Umweltverbänden als mit solch weltfremden Politikern.

Die SPD hat die Verhandlungen zunächst für die betroffenen gesellschaftlichen Gruppen geöffnet. Doch die SPD-Politiker Schröder und Clement haben dann nicht begriffen, daß in solch offenen Verhandlungsprozessen andere Regeln gelten. Im Stil klassischer Hinterzimmerkungelei versuchten sie der widerspenstigen Union das Eingeständnis der Erfolge der Anti-Atombewegung (auch in den Parteien) abzuringen.

Das Endlager Gorleben und die Plutoniumfabrik Hanau sollten auch formal beerdigt werden. Für solch vordergründigen Terraingewinn wollten Schröder und Clement – hier ganz Politiker – Zugeständnisse in der Atommüllentsorgung machen. Der Dissens mit der Union in entscheidenden Fragen sollte mit Formelkompromissen verkleistert werden.

Ein vertanes Jahr: Für die Atomkraftgegner vor Ort, die sich nach hektischer Betriebsamkeit wieder ihren Standorten zuwenden. Für die Industrie, die weiter kühl rechnend – Konsens hin oder her – abschalten wird, wo sich dies betriebswirtschaftlich rechnet. Für die Politik aber nicht nur verlorene Zeit, vor allem ein weiterer Verlust an Legitimation – und der ist auch durch Wiedervorlage nach der Bundestagswahl nicht auszugleichen. Hermann-Josef Tenhagen

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